Zum 70. Jahrestag der KPD

Zum 70. Jahrestag der KPD

Im Dezember 1918 trat in Wittenberg erstmalig der Spartakusbund in Erscheinung. In seinen Reihen waren die revolutionären Kräfte der deutschen Arbeiterklasse vereint, an ihrer Spitze Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

Arbeiter im BW in der Gaststraße 1918
aus: Archiv des HV WB

Ihr Einfluß während der Novemberrevolution blieb aber noch gering, da sie keine selbständige Partei darstellten, sondern der USPD angehörten. Aus den Erfahrungen der Novemberrevolution zogen sie die Schlußfolgerungen, daß es notwendig sei, sich von der USPD zu trennen und eine eigene Partei zu gründen. Die Wittenberger Gruppe des Spartakusbundes wurde von dem Genossen Georg Schumann angeleitet (den die Faschisten: 1945 ermordeten). Damals trat er unter dem Namen Georg Menkel auf, da ihn die Reaktion verfolgte und er nur illegal arbeiten konnte. Im November und Dezember 1918 führte Genosse Schumann mehrere Besprechungen in der Wohnung des Genossen Eugen Tominski, der an der Spitze des Spartakusbundes in Wittenberg stand.

SKW und Guldenwerk um 1920
aus: Archiv des HV WB

Noch im Dezember fand eine Versammlung im ,,Volksgarten“ (dem späteren Schloßgarten) statt. Nach dem Gründungsparteitag der KPD zum Jahreswechsel 1918/19 in Berlin kam es auch in Wittenberg zur Gründungsversammlung. Sie wurde im Januar oder Februar 1919 im „Tivoli“ (in der heutigen Puschkinstraße 63) durchgeführt. Der Saal mit einem Fassungsvermögen von 500 Personen war überfüllt. Weit über 100 Personen wurden an diesem Tag in den Unterbezirk Wittenberg der KPD (Spartakusbund, Sektion der III. Internationale, aufgenommen. Zu ihnen gehörten neben dem Genossen Tominski und seiner Frau die Genossen Engelmann, Klingner, Gorsegner, Kuhrmann, Heene u. a.

Mit der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands hatte die deutsche Arbeiterklasse endlich eine revolutionäre Führung erhalten, allerdings war die Partei zahlenmäßig noch schwach. Der Unterbezirk Wittenberg erreichte bis Dezember 1919 eine Stärke von 157 Mitgliedern und der „, Klassenkampf“, die Bezirkszeitung der KPD, wurde von 450 Abonnenten bezogen.

Paul Gulden AG Piesteritz
aus: Archiv des HV WB

Doch die Bourgeoisie hatte bereits erkannt, welche Gefahr die junge Partei für sie darstellte, und ließ deren Führer Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg im Januar 1919 ermorden. Es kam jetzt darauf an, die KPD so schnell wie möglich zu einer Massenpartei zu machen. Die revolutionären Mitglieder der USPD erkannten aber noch nicht die Notwendigkeit ihres Übertritts in die KPD, sondern betrachteten ihre Partei als die revolutionäre deutsche Arbeiterpartei. Sie besaß unter den Massen großen Einfluß und war bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Bezirk Halle-Merseburg stärkste Partei geworden. Die Parteiorganisation der USPD in der Kreisstadt Wittenberg umfaßte 410 Mitglieder, und in der Parteiorganisation Kleinwittenberg-Piesteritz waren es 300.

Im Februar/März 1919 gelang es den Linken in der USPD, den mitteldeutschen Generalstreik zu organiseren. Ziel war die Anerkennung von frei gewählten, selbständigen Betriebsräten als Vorbedingung für die Sozialisierung. Es war ein heldenhafter Versuch, die Revolution weiterzuführen. Der Beschluß zum Generalstreik wurde am 23. Februar in Halle auf einer Bezirkskonferenz der Bergarbeiter des Mitteldeutschen Reviers gefaßt, an der auch Delegierte der Eisenbahner, der Chemiebetriebe sowie der Elektrizitätswerke teilnahmen. Die Delegierten des Stickstoffwerkes berichteten über diesen Beschluß am nächsten Tag in einer Sitzung des Arbeiter- und Angestelltenausschusses ihres Betriebe. Dabei kam es zu einer heftigen Diskussion, in der besonders die Mitglieder des Angestelltenausschusses vor dem Streik warnten. Inzwischen wurde bekannt, daß die Leunakumpel bereits seit 6 Uhr streikten. Der Arbeiterausschuß beschloß daraufhin einstimmig den Generalstreik für den 25. Februar, 6 Uhr, im Angestelltenausschuß stimmten zwei Mitglieder dagegen. Am 25. Februar ruhte die Arbeit im Betrieb, nur die Pumpenstationen sowie die Wirtschaftsbetriebe, einschließlich Küche, blieben in Gang. Dem Beispiel des Stickstoffwerkes schlossen sich sehr schnell andere Betriebe an, beonders das Sprengstoffwerk.

Guldenwerk – Vertreterkarte
aus: Archiv des HV WB

Für die Stadt Wittenberg wurde eine zentrale Streikleitung gebildet. Zur großen Überraschung der Bourgeoisie beteiligten sich auch die Eisenbahner an diesem Streik, u. a. lag die Strecke Torgau-Wittenberg still. Da die Post- und Telegrafenarbeiter ebenfalls die Arbeit einstellten, war die Regierung, die sich zu dieser Zeit in Weimar aufhielt, vollständig von Berlin abgeschnitten.

aus: „Freiheit“ vom 27.12.1988

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