Heute wollen wir eines alten Stammtischbruders gedenken, der durch seine Treue zu Stadt und Stammtisch sowie durch seinen Witz und Humor allgemein beliebt war.
Es ist der königl. Hegemeister Adolf Ziep.
Auf seinen Titel als Hegemeister verzichtete er in seiner Bescheidenheit.
„Sagt Ziep, das genügt mir.“
1877 trat er bei der 1. Komp. Jäger 4 ein, und als er seine Jahre abgerissen hatte, bekam er die Försterei Heinrichswalde bei Seegrehna zugewiesen.
Dort verlebte er seine besten Jahre.
Mit den Tieren des Waldes und den Bauern der Umgebung stand er auf gutem Fuße.
Auf die Wiedergabe seiner Erzählungen, die an Jägerlatein grenzten, wollen wir verzichten. Als Nebenbeschäftigung zog er Hunde, und wer von Ziep einen jungen Hund kaufte, kriegte Verschlagenheit, Klugheit und Treue seiner Hundeseele gleich zu.
Endlos sind die Erlebnisse unseres Stammtischbruders, aber sterben mußte er trotzdem.
Ehe dies geschah, teilte er es dem Stammtisch mit. Aber man antwortete ihm:
„Stirb erst mal, dann fahren wir dich mit Fahne und Musik
zum Kirchhof, versaufen dein Fell und du kriegst einen Leichenstein, wo drauf steht: Wanderer, stehe still und weine, hier
ruhen meine Gebeine, ich wollt, es wären deine!“
Da braust Ziep aber auf:
„Gerade das will ich nicht. Ich will bei meinem Wald und bei meinem Wild bleiben. Ich mache dich Kamerad Scholz, als Vorsitzender der Jäger, Stammtischbruder und Friedhofsverwalter der Stadt dafür verantwortlich, daß mein Wunsch erfüllt wird. Als meine letzte Arbeit habe ich ehrenamtlich in der Probstei ein großes Quartier Eichen angepflanzt. Streut meine Asche über diese Eichen, damit sie wachsen, und das Wild soll darüber wegziehen.“
Der Stammtisch versprach ihm die Ausführung, und nach seiner Einäscherung übernahm Scholz seine Asche.
Der Stammtisch schickte Ernst Quilitzsch, Fritz Schugk und Otto Schäfer – die Jäger Otto Zabler, Otto Bendler und Alfred Scholz zur Probstei.
Gegenüber der Fabrik Wetzig, heute NAGEMA, war eine Kahnfähre über die Elbe.
Der Fährmann, Gustav Friedrich, setzte für 10 Pfg die Gäste der Probstei, Anlieger der Wiesen, Bewohner von Dabrun und Fleischerswerder über.
Dorthin fuhr die kleine Trauergemeinde und richtete bei Kaffee und
Kuchen den Stammtisch ein.
Jeder auf seinem Platz, auf dem leeren Stuhl von Ziep hing ein Rosenstrauß.
Nachdem man sich gestärkt hatte, ging es zur Eichenpflanzung.
Hier wurde Zieps Asche der Erde übergeben.
Scholz hält eine kurze Gedächtnisrede, die kein Advokat und kein Pfaffe besser halten kann.
Dann pflanzt man am Wege eine Rosa-canina, die mit drei Sternkognak angegossen wird.
Hegemeister Haselmann bläst das „Jagd vorbei“, und weit über die Elbe bis zur alten Lutherstadt und hinüber nach Heinrichswalde schallt das Halali.
Als Schluß gab Bendler in seinem Gedicht die erste Parole für Ziep
bekannt. Dann rief der Fährmann:
„Holt über!“
Drüben waren die Wagen angefahren, es wurde schon dämmerig, als die Herren zur Berichterstattung in Balzers Lokal landeten.