1992.01.23. Mitteldeutsche Zeitung
Der Luthersbrunnen, der derzeit saniert wird, hat eine Geschichte. Aus überlieferten Schriften ist bekannt, daß „Luther, als er mit der Übersetzung der Bibel beschäftigt war, mit seinen Freunden und etlichen verständigen Bürgern und Handwerksleuten öfters zu einem Brunnen vor dem Elstertore gegangen sei. Dort habe er vor der lebendigen Springquelle an der Elbe öfters Gelegenheit genommen, von dem samaritischen Brunnenwasser (zu trinken und) recht deutlich und einfältig zu schreiben.“
Luther und seine Freunde benutzten für diese besinnlichen und lustigen Spaziergänge einen Weg, der vom Schießgraben vor dem Elstertor (in der Nähe des heutigen alten Friedhofs) geradeaus zum Luthersbrunnen führte. Die Elbe hat im Laufe der Jahre diesen Weg weggespült. Die Quelle wurde zunächst nur einfach mit Steinen eingefaßt.
Spätere Einfriedungen scheinen immer wieder der Zerstörungswut der Menschen zum Opfer gefallen zu sein.
Die 200-Jahr-Feier des Thesenanschlags wurde zum Anlaß genommen, um im Jahre 1717 den Quell mit einem Brunnenhaus und anschließender Wohnung für den städtischen Förster und Wiesenaufseher zu versehen. Im Laufe der Zeit entstand daraus ein Gasthaus. Der damalige Bürgermeister John Paul Keil hat sich um die Errichtung dieses Hauses, dem heute noch bekannten Luthersbrunnen verdient gemacht.
Die spätere Ausflugsgaststätte, die bekanntlich am Steilhang des Elbufers liegt, war so eingerichtet, daß man von der Straße aus in das obere mit einem Saal versehene Stockwerk eintreten konnte. Das Erdgeschoß hatte einen Zugang von der Elbseite her. Hier befand sich die Gaststätte, während rechts anschließend sich das kellerartige Gewölbe mit dem Quell befindet. Die Quelle wurde in ein kreisrundes aufgemauertes Becken gefaßt und darüber ein gotisches Gewölbe gespannt. Das sich torartig öffnende Brunnenhaus wird durch eine starke eichene Lattentür abgeschlossen und ersetzt die schon vor 300 Jahren gestohlene eiserne Tür.
Noch heute wird das Lattentor von dem damals angebrachten inzwischen verwitterten holzgeschnitzten Bild der Stadtkirche verziert.
Nach dem 2. Weltkrieg hat sich die früher sehr beliebte Ausflugsgaststätte als wirtschaftlich nicht mehr lohnend erwiesen. Seit 1951 war hier ein Zweitbetrieb des Jugendwerkhofes Wittenberg untergebracht. Zuletzt wurde das Gebäude zweckentfremdet als Lager der Zivilverteidigung genutzt. Nun will man hier wieder eine historische Gaststätte errichten.