Die Wittenberger Kapitulation von 1547
Am 24. April jährt sich jener Tag, an dem die im „Schmalkaldischen Bund“ vereinten protestantischen deutschen Fürsten bei Mühlberg, südlich von Torgau, von den spanischen Söldnern des Kaisers Karl V. geschlagen wurden.
Zu den Gegnern des Bundes zählte auch der Vetter unseres Wittenberger Kurfürsten, Moritz von Sachsen, der aus Ehrgeiz und Machtsucht gegen seine eigenen protestantischen Glaubensbrüder und Parteigänger gekämpft hatte.
Der geschlagene Kurfürst Friedrich der Sanftmütige wurde in der Lochauer (Annaburger) Heide gefangen genommen und bald darauf auch der zweite Heerführer der Verbündeten, der Landgraf Phillip von Hessen.
Nach ihrem Sieg zogen die kaiserlichen Heerscharen nach Wittenberg, um nun ein Jahr nach Luthers Tod das „Ketzernest“ auszuräuchern.
Sie errichteten westlich der Stadt eine Bootsbrücke und ein Feldlager am Piesteritzer Friedeholz in nördlicher Richtung bis zur Anhöhe Gallun (unweit von Dobien).
Danach schlossen sie die erst 8 Jahre vorher ausgebaute Festung Wittenberg ein.
Die Bürger der Stadt waren fest entschlossen, ihre in den letzten 4 Jahrzehnten erblühte Stadt mit allen Kräften und Mitteln zu verteidigen. Der Stadtkommandant ließ die
gotischen Stadtkirchenspitzen sowie die Spitzen der Schlosstürme abtragen und auf den so gewonnenen Plattformen Geschütze aufstellen. Während der mehrwöchigen Belagerung plünderten die spanischen Truppen die umliegenden Ortschaften, unter anderem brannte die Stadt Zahna völlig nieder.
Die Stadtbefestigung Wittenbergs bewährte sich, die Verteidiger hielten sich tapfer, für den Kaiser viel zu lange, so dass er schließlich dem Wittenberger Kurfürsten
“ … wegen Rebellion und Verletzung der kaiserlichen Majestät…“
mit der Todesstrafe drohte.
Um ihren Gemahl zu retten, übergab dann schließlich die Kurfürstin am 24.5.1547 die Stadt dem kaiserlichen Heer. Die Kapitulation Wittenbergs bewahrte den Kurfürsten vor dem Tode, ersparte der Stadt Besatzung und Plünderung, die Kurwürde aber und auch die Kurlande gingen verloren.
Bereits am 04.06.1547 verlieh Karl V. dem Herzog Moritz von Sachsen die Kurwürde.
Der letzte Bewohner des Wittenberger Schlosses war bis zum Jahre 1585 der Kurfürst August I., nachdem das jüngere Universitätshaus an der Collegienstraße benannt wurde (das heutige Augusteum).
Die Kapitulation war insgesamt folgenschwer:
die Ernestinische Linie der Wettiner verzichtete zugunsten der Albertiner (Ernst und Albert waren Söhne des Kurfürsten) auf die Kurwürde. Damit verlor unsere Stadt den Charakter einer Residenzstadt,
Weimar wurde die Residenz der Ernestiner, Dresden die Residenz der Albertiner.
Obwohl die Brüder ursprünglich einmal ihre Länder gemeinsam verwalten wollten, kam es 1585 zu einer endgültigen Teilung;
einem Kurfürstentum Sachsen mit der Hauptstadt Wittenberg einschließlich Südthüringen und dem Vogtland und dem
Herzogtum Sachsen mit der Hauptstadt Dresden einschließlich Meißner Land, Leipziger Land und Nordthüringen. In gemeinsamem Besitz blieb das Erzgebirge; eifersüchtig wachte jeder Landesherr über die dortigen großen Silbervorräte.
So mancher wohlhabende Wittenberger Bürger besaß damals schon Kuxe, das waren Anteile am Vermögen von Gewerken, die im Erzgebirge Silber förderten, sie hatten in Freiberg, Annaberg, Marienberg und Wolkenstein insgesamt ca. 28 Anteile.
aus: Wittenberger Bürgergeschichten
Dr. Wolfgang Senst †