Wer mit seinem Mädchen auf den Boden geht …

Wer mit seinem Mädchen auf den Boden geht…

In früherer Zeit war das Feiern der Fastnachten auf dem Fläming in den einzelnen Dörfern genauestens festgelegt.
Dadurch kam es zu keinen Überschneidungen und so konnten die jungen Mädchen und Burschen reihum auch die Nachbardörfer besuchen.
Gern war man zwar nicht gesehen, wenn man als „Außerhalbscher“ sich erblicken ließ, doch bei den damaligen örtlichen Verkehrsverhältnissen war der Umkreis vom Heimatdorf nicht allzu weit zu messen.
Kam die Fastnachtszeit heran, so sammelten die jungen Burschen unter sich das Geld, um einige Mengen an Eier zu kaufen.
Dann vereinbarte man mit den Spielleuten, das war meistens die Stadtkapellen der kleinen Flämingsstädte, den genauen Zeitplan der Veranstaltung.
In manchen Dörfern übernahm der Dorfgastwirt diese Aufgabe nach Absprache mit der Fastnachtsjugend.
Kam nun der Tag heran, so sind die jungen Burschen von Haus zu Haus und „zemperten“,
d.h. sie sammelten Wurst, Eier, Brot, Schinken und anderes Essbares, dass dann später gemeinsam gegessen wurde.
Wo sich nun eine Fastnachtsjungfer befand, hielt man an, tanzte mit ihren Eltern auf dem Hof und holten das junge Mädchen ab, die sich in den Fastnachtszug einreihte.
Ihr Tänzer nahm sich ihrer an und war mit ihr während der Festtage stets beisammen.
Als Dank erhielt er von ihr ein seidenes Tuch oder ein buntes Band. Den Umzug führten der Platzmeister und seine Begleiter an.
Sie sorgten für Ordnung und anständiges Benehmen.
Das war ein ungeschriebenes Gesetz, das sich von Generation zu Generation vererbte.
Aus einer solchen Ordnung mögen hier einige Punkte folgen:

  • 1. Wer nicht zur Morgensprache kam, wo alles abgesprochen wurde, zahlte 1 Groschen;
  • 2. Wer sein Haar nicht ordentlich gekämmt hatte, zahlte 1 Groschen;
  • 3. Wer die drei untersten Knöpfe seiner Joppe nicht zugeknöpft hatte, zahlte 1 Groschen;
  • 4. Wer die Schuhe nicht gebutzt hatte, zahlte 1 Groschen;
  • 5. Wer Streit anfing, zahlte 8 Groschen;
  • 6. Wer Bier ausschüttete, musste so viel Groschen zahlen, wie Fingerbreit im Glas fehlte;
  • 7. Wer in die Gaststube oder in den Saal spuckte, zahlte 1 Groschen;
  • 8. Wer irgendetwas an die Wand malte, zahlte 1 Groschen;
  • 9. Wer sich schlecht über den Wirt und dessen Gegenstände äußerte, zahlte 2 Groschen;
  • 10. Wer sich nicht um das von den Platzmeistern angepasste Mädchen kümmerte, zahlte 8 Groschen;
  • 11. Wer einen anderen Fastnachtsteilnehmer beschimpft, zahlte 2 Groschen;
  • 12. Wer mit seinem Mädchen auf den Boden des Gasthauses oder der Scheune verschwand, zahlte so viel Groschen, wie die Treppe, die nach oben führte, Stufen hatte;
  • 13. Wer mit des anderen Mädchen schäkerte und scherzte, zahlte 1 Groschen;
    14. Wer die ihm auferlegten Strafgelder nicht bereitwillig entrichtete oder sogar verweigerte, hatte die doppelte Strafe zu zahlen.

Heinrich Kühne †