Von Rothemark

1927.11.14. Unser Heimatland

Vor ihrer Abholzung muß die Rothemark ein wahres Juwel für Wittenberg und die nähere Umgebung gewesen sein. In jeder älteren Beschreibung der Lutherstadt wird der Rothemark und ihres Eichenhains rühmend gedacht.

aus: Archiv des HV WB

Der studentischen Jugend zumal war ein Ausflug dahin einer der beliebtesten Spaziergänge, namentlich weil schon damals in der Brauerei des Rittergutes ein vortreffliches Bier gebraut und verzapft wurde. Selbst Martin Luther hat in Eichenhain der Rothemark, wo er das am Rischen Bache stehende Pfeifferhäuschen gern besuchte, oft Erholung gesucht und gefunden. Noch nach der 1815 endgiltig (schreibweise: österreichisch veraltet) erfolgten Aufhebung der Wittenberger Hochschule besingt „ein alter Studio“ – wahrscheinlich ist es der Privatgelehrte Böhringer – in einer Nummer des „Wittenberger Kreisblattes“ vom Jahre 1837 die Rothemark, ihren Eichenhain und die darin wohnenden Nachtigallen mit glühenden Versen.

Kapelle Rothemark
aus: Archiv des HV WB

Auch Meyner rühmt in seiner „Geschichte der Stadt Wittenberg“ die bis zum Jahre 1842 reicht, den lieblichen Eichenwald der Rothemark, und ein Zeitgenosse Luthers, der Epigrammendichter Lemnius. der von 1533 ab an der Wittenberger Universität studierte, 1598 aber wegen unliebsamer Vorkommnisse relegiert wurde, feiert ihn in einen lateinischen Gedicht das mit folgender Strophe in deutscher Uebersetzung schließt:
Du, gepriesen durch des Sängers Lieder,
Grün‘ in jedem Lenze herrlich wieder.
Solange man des Sängers Lieder kennt,
Solange man des Sängers Namen nennt,
So lang werd‘ auch der Hain am Elbestrand
Der grünende Hain der Schönen genannt.

Diese Prophezeiung hat 3 Jahrhunderte vorgehalten, aber in der Mitte des vorigen Jahrhunderts ist leider der schöne Eichenwald der Axt zum Opfer gefallen. Nur der Park erst mit einigen alten Eichen erinnert noch an die frühere Herrlichkeit. Wenn aber auch der Wald gefallen ist, ein angenehmer Spaziergang ist Rothemark immer noch, und das jetzt dort gebraute „Aktien-Bier“ ist gewiß auch nicht zu verachten.

Richard Erfurth

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