Vom schweren Anfang

Durch die Folgen des II. Weltkrieges wurde das Bootshaus des RCW völlig zerstört.
Der Ruderclub hatte sich in der Zwischenzeit auch aufgelöst, aber einige Anhänger suchten und fanden 1949 eine Lösung zur Neugründung einer Rudersportgemeinschaft als Sektion der BSG Chemie Piesteritz.
Als Bootshaus diente die ehemalige Schiffswerft der Fa. Schütze am Piesteritzer Streng (in der Zwischenzeit wurden hier auch Segelflugzeuge gebaut) und die teilweise stark beschädigten Boote des Clubs in unzähligen Arbeitseinsätzen wieder hergerichtet.
Trotz der beschränkten Trainingsbedingungen erwarb sich die BSG Chemie Piesteritz, Sektion Rudern, Achtung im Rudersport unserer damals noch jungen Republik.
Sie stellte DDR-Meister, Teilnehmer an Europa-Meisterschaften und besuchte internationale Regatten, wobei auch der Erfolg nicht ausblieb.
Durch die Schaffung von Trainingszentren etwas ins Hintertreffen gerückt und durch die notwendige Umverlegung des Piesteritzer Strengs 1975/76 wurde der einst rührigen Sektion die wichtigste Lebensader, das Wasser, entzogen.
Ein Umzug zum ehemaligen Kohlenschuppen der Firma Waymeyer in der Dresdener Straße war notwendig.
Durch die systematische Förderung unseres Sports und auf die große Tradition des Wittenberger Rudersports aufbauend, wurde diese Sportstätte zum Trainingszentrum der ASV „Vorwärts“ und zur Erreichung der gesteckten Ziele ein verdienstvoller Trainer verpflichtet.
Die bereits in Angriff genommenen Baumaßnahmen lassen deshalb einiges erhoffen.
An dieser Stelle muss auch der Förderer des Wittenberger Rudersports, Hermann Jänicke aus der Lucas-Cranach-Straße, erwähnt werden, der selbst ein Stück Wittenberger Rudergeschichte geschrieben hat.
Er war es, der trotz seiner langjährigen verantwortungsvollen Tätigkeit im VEB Stickstoffwerk Piesteritz 1948 mit zwei stark beschädigten Booten des Ruderclubs Wittenberg die Neugründung der Sektion Rudern der BSG Chemie Piesteritz in Angriff nahm und so den schon erwähnten Erfolg vorbereitete, diese auch 13 Jahre als Sektionsleiter führte.
In den Jahren 1927/1928 selbst als aktivster Ruderer des RCW geehrt, sowohl als Aktiver im Vierer mit Steuermann, als auch später als Wanderruderer geachtet, war der verdienstvolle Sportfunktionär bis vor wenigen Jahren als Kampfrichter auf vielen Ruderregatten anzutreffen.
Vom Deutschen Rudersportverband der DDR (DRSV) wurden diese Leistungen mit der Ehrenplakette „Verdienstvoller Ruderer der DDR“ und vom DTSB mit der „Ehrennadel in Silber“ geehrt.

Der Jugend-Achter der BSG Chemie Piesteritz verlässt den Piesteritzer Streng, um die Trainingskilometer auf der Elbe zu absolvieren. Im Durchschnitt mussten 10 km unter stärkster Belastung zurückgelegt werden. Im Hintergrund ist noch ein Schleppzug, gezogen von einem Seitenraddampfer, zu erkennen. Durch starke Wellenbildung beim Überholmanöver wurde ganze Arbeit des Steuermanns verlangt.

Karl Jüngel †

***

aus: Freiheit vom Mai 1981