Gründung des Vereins für Heimatkunde und Heimatsschutz zu Wittenberg

     Auf eine Anregung des Unterzeichneten schlossen sich
am 10. F e b r u a r 1910 zweiundfünfzig Freunde der
Wittenberger Stadtgeschichte zu dem
„Verein für Heimatkunde und Heimatschutz zu Wittenberg“
zusammen.

     Im Vorstand waren:

Vorsitzender: Sanitätsrat Herr Dr. med. Gottfried Krüger,
1. Schriftwart: Herr Abesser,
Kassenwart: Herr Paul Friedrich,
2. Vorsitzender: Herr Dunkmann,
2. Schriftwart: Herr Erfurth;
um nur einige zu nennen.

     
Der Verein hat es sich zur Aufgabe gestellt, alle Gebiete
der Heimatkunde, besonders die Stadtgeschichte, zu pflegen, heimatkundliche Gegenstände zu sammeln und praktischen Heimatschutz zu betreiben.
     Auf diesen drei Gebieten hat sich dann auch die Arbeit des
Vereins erstreckt, zu deren unverdrossener Leistung der
Vorstand immer wieder neue Freudigkeit in der Zustimmung
und treuen Anhänglichkeit der Mitglieder findet, deren Zahl schon
seit dem zweiten Vereinsjahr dauernd über 100 Personen beträgt.

     Die Pflege der Heimatkunde wird hauptsächlich durch Vortragsabende und Führungen mit sachkundigen Erläuterungen betrieben. In jeder Vereinssitzung findet ein Hauptvortrag statt, wenn nötig mit Lichtbildern. Meist reiht sich daran eine zweite, kleinere geschlossene Darbietung. Zur Abrundung folgen Besprechungen der Neuerwerbungen, interessante Mitteilungen aus dem neueren Schrifttum oder Auszüge meist humoristischer Art aus alten Akten oder Büchern. Nur in ganz seltenen Fällen haben wir dabei auswärtige Redner gehört, besonders wenn wir in Gemeinschaft mit anderen Vereinen einen Vortragsabend veranstalteten. Sonst haben wir unseren Stolz darein gesetzt, alle Darbietungen möglichst aus eigenen Arbeiten und Forschungen von Wittenberger Geschichtsfreunden zu leisten. Freilich haben wir dabei die ursprünglich in Aussicht genommenen Veranstaltungen von vier Vereinsabenden im Jahr nur selten durchführen können, es sind im Durchschnitt zwei bis drei geworden. In den Kriegsjahren 1915, 1916 und 1917 fand nur je eine Vereinssitzung statt. 1918 und 1919 fielen sie wegen der politischen Umwälzung gänzlich aus und ebenso 1922 wegen der alle Spannkraft lähmenden Inflationszeit.

     Die dritte Seite der Vereinsarbeit, der Heimatschutz, tritt naturgemäß hinter den beiden andern zurück, schon weil die Betätigungsmöglichkeiten viel seltener und die Leistungen nicht ohne weiteres sichtbar sind. Es hat aber der Vorstand im Laufe der 25 Jahre keine geeignete Gelegenheit vorbeigehen lassen, sich im Sinne des Heimatschutzes einzusetzen, insbesondere für die Erhaltung gefährdeter Altertümer und Naturschönheiten sowie für die Bekämpfung von Reklameauswüchsen und Verschandelungen. Seit bestehen des Ortsstatutes gegen die Verunstaltung der Straßen und Plätze sind auch immer einige Vorstandsmitglieder in den „Künstlerischen Beirat der Ortspolizeibehörde“ berufen worden und haben auf diese Weise Gelegenheit gehabt, gewissermaßen »amtlich« Heimatschutz zu treiben.

     So zeigt der kurze Rückblick, dass der „Verein für Heimatkunde und Heimatschutz“ mit Genugtuung auf die Erfolge zurückblicken kann, die trotz Krieg und politischer Umwälzung seiner stillen Arbeit beschieden worden sind. Er ist sich wohl bewusst, wie viel er dabei der verständnisvollen Förderung durch die staatlichen, kirchlichen und besonders die städtischen Behörden zu danken hat, und er benutzt den jetzigen Anlass, diesem Dank hiermit öffentlich Ausdruck zu geben, zugleich aber auch um die unveränderte Fortsetzung dieses wohlwollenden Vertrauensverhältnisses zu bitten, ist doch unsere ganze uneigennützige Arbeit ein einziges Bekenntnis zur Heimat und Volksgemeinschaft.

Quelle: Vereinsarchiv:
Text von Sanitätsrat Herrn Dr. med. Gottfried Krüger,

zusammengefasst von D. Schubert

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