Oooch! Diese Frauen!

Liebe Freundinnen!

Vor mir liegt die Einladung des Stammtisches zum heutigen Abend, und jeder hat daraus ersehen, daß wir Frauen hier unsere Wünsche äußern können. Es ist auch Tradition seit Luthers Zeiten, daß jeder am Stammtisch frei seine Meinung sagen darf.
Da wir jetzt Gleichberechtigung haben, bringe ich einige notwendige Veränderungen vor und bitte, Abhilfe zu schaffen.

  1. Unsere Männer gefallen uns nicht mehr, sie gefährden unsere Selbständigkeit. Früher waren wir froh, wenn sie, manchmal etwas schief, überhaupt nach Hause kamen.
    Heute kriegen wir sie vom Hause nicht mehr weg.
    Folglich müssen sie in Gang gesetzt werden.
  2. Sie müssen eher aufstehen, in der Häuslichkeit mehr helfen, z. B. Kohlen holen, Holz hacken, Kartoffeln schälen, Treppe fegen, Fenster putzen und abwaschen.
    Dies sind keine Arbeiten für schwache Frauen von 180 Pfd.
    Lebendgewicht.
  3. Die Mittagsruhe muß ausfallen!
    Dafür verlangen wir von 15 bis 18 Uhr einen Spaziergang. Damit die Männer keine Dummheiten machen. gehen wir mit.
  4. Heute müssen wir 12 bis 14 Stunden arbeiten, und die Tyrannen beschäftigen uns selbst noch in der Nacht.
    Aber die gesetzliche Arbeitszeit beträgt 6 Stunden, deshalb kämpfen wir Hausfrauen für den 5-Stunden-Tag.
  5. Die Einkäufe für die Wirtschaft gebühren allein der Hausfrau. Früher unter Wilhelm und Joseph-Franz, da kauften wir uns noch eine Gans. Später unter Hitler und Göring, da kriegten wir bloß noch ’nen Hering: aber bei unserer heutigen Regierung, das steht sogar in der Zeitung. Leider fehlt uns das Geld, deshalb fordern wir pro Kopf und Woche 50 Mark Wirtschaftsbeihilfe.
  6. Unsere Kleider haben durchschnittlich ein Alter von über 20 Jahren. Viele tragen noch ihr Brautkleid. Der Hut – Modell 1895/99 ist erst seit kurzem durch das Kopftuch ersetzt.
    So geht das nicht weiter! Wir fordern jährlich 2 Kleider, halbjährlich einen Hut neuester Fasson, einen Mantel und die nötigen Perlonstrümpfe, rückwirkend für 3 Jahre.
  7. Viele von uns kennen keine Erholung, trotzdem jeder weiß, daß uns bei 365 Arbeitstagen mindestens 12 Tage Ferien zustehen. Wir verlangen nur 28 Tage, weil wir die Männer nicht alleine lassen wollen, denn Alter schützt vor Torheit nicht.
  8. Die Weihnachtsgratifikation muß nach den gesetzlich vorgeschriebenen Dienstjahren geregelt werden.
  9. Früher brachten uns unsere Männer öfter etwas mit, und wenn es nur eine Tafel Schokolade war. Ich bitte diejenige Leidensgefährtin sich zu erheben, die von ihrem Manne heute noch mit Schokolade gefüttert wird. Folglich muß das früher erworbene Recht wieder in Kraft gesetzt werden. Dies fordern wir und knüpfen daran die Bedingung, daß sich die Männer das Rauchen abgewöhnen.
  10. Wir fordern, daß die Zusammenkünfte am Stammtisch jeden ersten Donnerstag im Monat stattfinden, und zwar mit uns
    Frauen, damit wir die Männer unter Kontrolle behalten.Bei Nichtbeachtung dieser unserer berechtigten Wünsche kündigen wir jetzt schon den Tarifvertrag mit unseren Männern und schalten die Männer aus der Gemeinschaftsverwaltung der Wirtschaft aus.Die Leidensgefährtinnen, die dafür stimmen, sollen sitzen
    bleiben.

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