Kommunales aus Wittenberg – 1945

Ab 11. Mai 1945 erfaßte das Wittenberger Arbeitsamt unter ihren damaligen Leiter Heidrich alle männlichen Anwohner zwischen dem 14. und 65. und alle Mädchen und Frauen zwischen dem 15. und 50. Lebensjahr zum Arbeitseinsatz innerhalb unserer damals kreisfreien Stadt bzw. des Landkreises Wittenberg. Alle Arbeitseinsätze wurden gelenkt und bezogen sich auf die Beseitigung von Kriegsschäden, die Sicherung der Ernährung, die Bekämpfung von Epedemien und Seuchen, den Schutz vor Munitionsunglücken, die Demontage in Rüstungsbetrieben, das Ingangsetzen der Produktion, des Verkehrs und des Handels.
Am 21. 5. 1945 verkündete der kommissarische Oberbürgermeister und Landrat Gehrischer:
„Zur Zeit läßt sich nicht übersehen, in welcher Weise das Reich Mittel zur Zahlung von Unterstützungen, Gehältern usw. für die den Gemeinden zugewiesenen Auftragsangelegenheiten, besonders für Familienunterhalt, zur Verfügung stellen wird…“.

„Da den Gemeinden für diese Zahlungen nur beschränkt Mittel zur Verfügung stehen, muß jeder Arbeitsfähige versuchen, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten. Soweit das nicht möglich ist, setze ich vom 01. 06. 1945 folgende Unterstützungssätze als Notmaßnahme fest:

  • Einzelpersonen erhalten 40,– RM ; der Zuschlag für die
  • die Ehefrau beträgt              20,– RM; und jedes Kind bis zum
  • 14. Lebensjahr erhält          10,– RM
  • Mietbeihilfen wurden in der Stadt bis zu 25,– RM und im Landkreis bis zu 20,- RM gezahlt.
  • Unterstützungen erhielte nur arbeitsunfähige Personen und Frauen mit Kindern bis zu 6 Jahren.
  • Der öffentliche Geldbestand betrug in Mai 1945 rund
    120.000,– RM (Reichsmark)

Wiedereröffnungsgebühren für Betriebe und Geschäfte
waren eine weitere Notmaßnahme, um die Wirtschaft und
die Versorgung in Gang setzen zu können.
Neben der Trümmerbeseitigung, der Muntionsbergung, der Errichtung einer Elbe-Notbrücke, den Demontagen, der Wiederherstellung des Eisenbahnnetzes, der Sicherung der
Ladung von rund 1.200 um Wittenberg aufgestauter Waggons
und zahlreicher Elbkähne, den Einsätzen auf den Feldern war ein riesiges  Maß an Fürsorge und Betreuungstätigkeit notwendig.
Vom Mai 1945 bis Mai 1946 wurden in unseren Territorium mehr als 750.000 Menschen (Umsiedler, Waisen und entlassene Soldaten) über Tage,  Wochen und Monate betreut, verpflegt, untergebracht und weitergeleitet, alles mit Hilfe von Bürger die selbst unterbezahlt waren und an Hunger litten.

Dr. Wolfgang Senst †

aus: Wittenberger Bürgergeschichten