Gaststätte „Zum Grauen Wolf“

2000.09.30. Mitteldeutsche Zeitung

Wirtsleute und Gäste feiern am Wochenende 200 jähriges Bestehen

Nur die Tafel über der Tür erinnert noch an den ursprünglich an der heutigen Ecke Berliner Strasse/Puschkinstrasse gelegenen Gasthof. Nachdem dieser 1813 wegen eines freien Schussfeldes vor der Festung abgerissen wurde, baute man ihn nach Kriegsende an der heutigen Stelle auf.

Nach vorherigen Auseinandersetzungen gingen der Besitzer des Gasthofes Grauer Wolf“ Johann Gottlieb Blüthgen, sein Vorgänger, der Rentner Johann Gottlieb Klingner, sowie der vorgesehene neue Inhaber Christoph Friedrich Hintze zum Amtmann des Kurkreises Wittenberg Gottlieb Traugott Dietrich. Dieser hatte seine Dienststelle im so genannten „niederen Schloss“, also in der Schloss-Straße 14/15.

Es war dort ein wichtiger Kaufvertrag abzusiegeln, denn Hintze, ein Papiermacher aus der „Birkenbusch-Papiermühle“ bei Nudersdorf, wollte den gut gehenden Gasthof käuflich erwerben. Aus dem Dokument geht hervor, dass jener erst einmal 61 Taler an Blüthgen zahlen sollte, die dieser an Klingner entrichtet hatte. Dann war eine Hypothek von 150 Talern eingetragen, die Hintze ebenfalls übernehmen musste. Ferner war noch ein Restkaufgeld offen, so dass der neue Besitzer 339 Taler an Klingner aufzubringen hatte, die Blüthgen bisher nicht entrichtet hatte. Das war allen Beteiligten bekannt. So konnte der Vertrag schnell über den Tisch gehen.

Um 1800 war endlich Hintze alleiniger Besitzer des Gasthofs, daraus resultiert die bevorstehende 200- Jahrfeier, die Anfang Oktober steigen soll. Der Gasthof lag an der Ecke der heutigen Berliner/Puschkinstrasse. Doch schon am 6. April 1813 befahl der französische Kommandant von Wittenberg, Lapoype, dass alle Häuser der Vorstadt abzureißen sind. Das Holz wurde in die Stadt gebracht, alles andere wurde verwüstet, damit Schussfreiheit gegen die anrückenden Preußen gegeben war.

Nachdem Wittenberg erobert war, baute Hintze aber dort nicht wieder auf, sondern ging nach Norden, wo der Gasthof seit 1826 seinen Platz hat. Er nahm das alte Gasthausschild mit, ein in Stein gehauener Wolf. Bis 1931 (bereits vorher hatte die Familie Dorbietz den Gasthofbetrieb geführt) waren die Hintzes Eigentümer. Dann verkauften sie den Gasthof an Hermann Dorbietz und seinen Sohn Otto. Von ihm erbte als nächste Generation Otto Dorbietz den Besitz und seine Frau wurde mit ins Grundbuch eingetragen. Zu Beginn des kommenden Jahres sollen nun die Tochter und ihr Ehemann den Gasthof übernehmen.

Am Wochenende wird erst einmal gefeiert.