Fusion Universitäten Wittenberg und Halle

Vor 200 Jahren schlossen sich die Universitäten Wittenberg und Halle zusammen.
Universitätsgebäude in Halle (1836), das heutige Löwengebäude
Fridericianum-Universität im 19.Jahrhundert.
Kaserne (jetzt Leucorea) um 1850

Es war eine aus großer Not geborene Zweckgemeinschaft, die rasch zu einer guten Beziehung wurde.
Im Jahr 1502 wurde die Universität Wittenberg gegründet, ab 1694 lehrten und forschten Professoren an der Friedrichs-Universität in Halle. Im Jahr 1817 folgte die Vereinigung beider Hochschulen. Die Fusion der Universitäten war die Folge großer internationaler Konflikte, an deren Ende der Niedergang Napoleons, die Schwächung Sachsens und das Erstarken Preußens standen. Hauptgrund für die spätere Vereinigung ist Napoleon gewesen, der in Europa alles durcheinanderwirbelte. Das bekam auch Wittenberg zu spüren, als die französischen Truppen im Jahr 1806 in die Stadt einmarschierten. Rücksicht auf die Belange der Universität nahmen sie nicht. Professoren mussten Soldaten aufnehmen, Uni-Gebäude wurden geschlossen und beispielsweise in Pferdeställe umfunktioniert, die Schlosskirche nutzten die Franzosen als Magazin. Bei den Professoren begann die Erkenntnis zu reifen, dass sich die Festungsstadt – die Wittenberg auch war – mit der Universitätsstadt nicht wirklich verträgt.
Napoleon trieb seine Soldaten in den Russland-Feldzug – die Professoren in Wittenberg konnten scheinbar wieder unbekümmert ihrer Wissenschaft nachgehen. Doch der Friede war trügerisch. Die Hochschule gehörte nur noch zu den kleinsten im Deutschen Reich; die Gelehrten waren gut, aber nicht herausragend, die meisten Sammlungen eher veraltet. Und in dieser krisenhaften Situation kam der Krieg zurück. Die mittlerweile mit den Russen verbündeten Preußen bedrängten Napoleons Truppen und belagerten 1813 das sächsische Wittenberg. Die Stadt wurde beschossen. Erst brachten sich die Studenten in Sicherheit. Kurze Zeit später flüchteten die Professoren – und zwar nach Schmiedeberg.
In einer Senatssitzung stimmten 19 von 21 Professoren dafür, Wittenberg für immer zu verlassen. Sie schrieben einen langen Brief an den sächsischen König. Darin schilderten sie die schlimmen Zustände in Wittenberg – wobei nicht nur die Kriegsfolgen, sondern auch die oft schlechte Luft und die Gefahr von Elbehochwasser als Umzugsgrund genannt wurden. Die Gelehrten baten darum, die Hochschule als eigenständige Einrichtung am liebsten nach Dresden oder Meißen verlegen zu dürfen. Und notfalls wären sie sogar zu einer Vereinigung mit der Universität Leipzig bereit gewesen. Und warum wollten sie nicht nach Halle? Die Stadt war preußisch.
Der Brief der Professoren dürfte den sächsischen König nicht sehr beschäftigt haben. Er hatte viel größere Sorgen. Mitteldeutschland war Kriegsgebiet. Und der sächsische König hielt an dem Bündnis mit Napoleon bis zum bitteren Ende – nämlich dessen Niedergang – fest. Der Kaiser hatte Friedrich August III. im Jahr 1806 zum König gemacht – verbunden mit dem Versprechen, dass er ihm die Treue hält. Das tat der sächsische König auch. Die Quittung bekam er während des Wiener Kongresses, als Grenzen in Europa neu gezogen wurden. Das nördliche sächsische Territorium bekamen die Preußen. Wittenberg war plötzlich ebenso preußisch wie Halle. Und die Professoren mussten sich neu orientieren – und zwar nach Halle. Schon im Juni 1815 machten sich die Wittenberger Gelehrten zu ersten Gesprächen auf den Weg nach Halle – und wurden mit offenen Armen empfangen. Am 12. April 1817 erging schließlich der Erlass von König Friedrich Wilhelm III. zur Vereinigung der Universitäten, am 21. Juni 1817 wurden die Professoren aus Wittenberg in den Senat der Halleschen Universität aufgenommen.

Quelle: 2017.06.13. Mitteldeutsche Zeitung 

bearbeitet: Elke Hurdelbrink

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