Einführung

Wir wollen die großen Traditionen
unseres Volkes, seiner Geschichte und
seiner Kultur in demütiger Ehrfurcht
pflegen als unversiegbare Quelle einer
wirklichen inneren Stärke und einer
möglichen Erneuerung  in trüben Zeiten

In der Zeit der nationalen Erhebung und Erneuerung Deutschlands,  welche die nationalen und sittlichen Kräfte der deutschen Seele mobilisierte und Volk und Vaterland wieder zum Maß aller Dinge werden ließ, ist es hocherfreulich, dass man sich wieder auf das von den Vätern überkommene auf Blut und Rasse beruhende seelische Erbe besinnt und dieses immer mehr zu schätzen weiß.
Das gilt im besondern von den mancherlei Sitten und Gebräuchen, die sich, dem alles einebnenden Zeitwandel trotzend, in unsere Tage herübergerettet haben.
Es gibt wohl keinen Ort in unserem deutschen Vaterlande, der nicht seine eigenen Sitten und Gebräuche besitzt.
Mögen diese auch hier und da nur dünn und sparsam gesät sein und Auge und Ohr bei flüchtiger Betrachtung entgehen – wer tiefer blickt und sich die Mühe des Suchens und Forschens nicht verdrießen läßt, dem bieten sich diese Schätze alten Volkstums in oft überraschender Fülle und Mannigfaltigkeit dar.
Noch größer ist freilich die Zahl jener Sitten und Gebräuche, die bereits der Vergangenheit angehören, und diese Blätter wollen mit dazu beitragen, sie vor dem völligen Vergessenwerden zu bewahren. Sind sie doch wertvolles Kulturgut, das uns Kunde gibt, wie die früheren Geschlechter im Leben gestanden und das Leben begriffen haben. Wer diesen alten Sitten und Bräuchen nachgeht, der fühlt das Blut der Vorfahren rauschen, und ihm erschließt sich das volle Verständnis für das Fühlen und Denken und die Vorstellungswelt seines Volkes, zu dessen Art er sich mit freudigem Stolz bekennt.
Er wird darum auch gern seine Hand dazu bieten, diese heimatlichen Schätze zu heben, zu pflegen und zu bewahren, damit auch die kommenden Geschlechter sich an ihnen erfreuen und aus ihnen lernen können.
Untersucht man jene Sitten und Gebräuche auf ihren Ursprung hin, so erkennt man, daß sie vielfach in der grauen Vorzeit, im deutschheidnischen Altertum wurzeln.
Das gilt namentlich von jenen, die mit unseren Festen verknüpft sind. Aber das kann und darf ihren Wert nicht vermindern, und nur Verständnislosigkeit und engherziger Fanatismus können daran Anstoß nehmen.
Anders ist freilich die Einstellung zu jenen Bräuchen und es sind ihrer nicht wenige – die dem Aberglauben dienen und allem Zeitfortschritt und aller Aufklärung zum Trotz noch heute mehr oder weniger offen geübt werden und schon so manchen Schaden, besonders in Krankheitsfällen, anrichteten.
Das bloße Eifern und Schelten dagegen ist nutzlos; nur unverdrossenes Belehren über das Törichte und Schädliche solches Tuns kann hier Wandel schaffen.
Es ist selbstverständlich, daß man es nicht zu beklagen braucht, wenn die Anwendung schädlicher abergläubischer Bräuche unterbleibt.
Aber auch sie sind altes Kulturgut, und darum soll die Erinnerung daran auch in dieser Sammlung festgehalten werden.
Möge diese ihren Zweck erfüllen und die Volksgenossen zu eigenem Suchen und Forschen nach den so beredten Zeugen deutscher Art und Sitte anregen.

Wittenberg, im April 1936

Richard Erfurth †

***

zum Seitenanfang