Dr. Krüger Gottfried – Vater des Heimatmuseums

Sanitätsrat Dr. Krüger vor 100 Jahren geboren

Die höchste Würde, die eine Stadt zu vergeben hat, ist das Ehrenbürgerrecht.
Wenn jemals ein Wittenberger diese hohe Auszeichnung zu Recht erhalten hat, war es der am 2. August 1863 in Treuenbrietzen geborene Sanitätsrat. Dr. Gottfried Krüger.

Als Schüler des damals städtischen Gymnasiums kam er mit Wittenberg in Berührung und kehrte auch nach hier 1888 als praktischer Arzt zurück.
Er erwarb sich das Vertrauen seiner Patienten, doch seine ganze Freizeit galt der Erforschung der Wittenberger Stadtgeschichte.

Hier konnte er zwar auf Forschungsergebnisse der früheren Zeit aufbauen, doch griff er auch ganz neue Themen auf, die er mit Tatkraft und hohem Wissen sehr gut vortragen und schriftlich niederlegen konnte.
Sein bestes Forum waren die Mitglieder des von ihm im Jahre 1910 wiedererweckten
„Vereins für Heimatkunde und Heimatschutz“,
dessen Vorsitzender er über drei Jahrzehnte war.
Krüger ließ sich niemals in seinen Forschungen vom Hurrapatriotismus leiten, wozu sich leider viele damals hinreißen ließen, sondern wandte sich mit ganzer Kraft der Erforschung des Wittenberger Stadtbildes und seiner Gebäude zu.
Leider sind seine gedruckten Schriften nicht allzu zahlreich, obgleich damals dafür alle Voraussetzungen vorlagen.

Als sein bestes Werk gilt auch heute noch das von der Stadtverwaltung Wittenberg herausgegebene und von Krüger verfaßte Buch
„Die Lutherstadt Wittenberg im Wandel der Jahrhunderte“ (1939).

Bei sparsamem Text bringt es auf 81 Seiten eine Fülle historischer Bilder.
Eine weitere wertvolle Arbeit stellt die 1917 erschienene Schrift: „Das Ende der Universität Wittenberg“ dar.

Recht populär und heute völlig vergriffen sind seine archivalischen Forschungen über,
„Die Tragödie im Hause Zimmermann“ (1929).
Hier behandelte er den ganzen Prozeß bis zur Hinrichtung der Giftmörderin, deren Hand noch heute im Heimatmuseum aufbewahrt wird.

Krüger wandte sich – wenn es nötig war – auch in der Tagespresse an die Öffentlichkeit, wenn unkundige Schreiber falsche heimatgeschichtliche Angaben-verbreiteten; so wares auch bei einem Aufsatz um die Gründung Kleinwittenbergs.

Seine Vorträge sind zwar fast alle in der Wittenberger Presse erschienen, doch tragen sie den Charakter einer Reportage und sind ohne Quellenangabe.
Weder das Stadtarchiv, noch das Heimatmuseum sind im Besitz seiner Notizen und Ausarbeitungen, sie befinden sich vermutlich im Familienbesitz,

Wie anders handelten doch die Erben des berühmten Prof. Dr. Nicolaus Müller oder kürzlich des in Mainz verstorbenen Maler-Professors Paul Höfig, die wertvolle Unterlagen an die einzig richtige Stelle nach hier gaben, wo sie in unserer Obhut für die spätere Zeit gesichert und bewahrt bleiben.

Bei seinem Besuch in den verschiedensten Wittenberger Familien sah er hier und da wertvolle heimatgeschichtliche Stücke, die man ihm gern schenkte.
So kam nach und nach der Grundstock für das Heimatmuseum zustande.
Unschätzbare, einmalige Exponate, die wir heute noch der Öffentlichkeit zeigen, sind auf Betreiben Krügers vor Jahrzehnten der Nachwelt erhalten geblieben.
Stadtbilder, Erzeugnisse. Wittenberger Handwerkerkunst, Medaillen und nicht zuletzt Originalplakate aus der Zeit der November-Revolution sind Zeugen dieser Sammeltätigkeit.

So sind wir, trotz vieler neuer Forschungsaufgaben und trotz der Neugestaltung unserer Museen mit modernen Mitteln Immer wieder dankbar, wenn wir auf die Forschungsergebnisse und Gegenstände von Dr. Gottfried Krüger zurückgreifen können, dafür sei ihm auch heute noch gedankt.

Heinrich Kühne †

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aus: Freiheit vom 09.08.1963