430 Jahre PoIstabsonnenuhr
Seit 1410 können die Wittenberger Bürger die Zeit an der ältesten vertikalen Polstabsonnenuhr der DDR an unserer Stadtkirche ablesen. Diese Uhr wurde 1982 renoviert und trägt die Inschrift: Caelum mea Regula – der Himmel ist mein Maß.
Der Schatten des Gnomonen, des Mittagszeigers oder einfacher des Weisers gibt uns nun schon seit 480 Jahren bei Sonnenschein die Zeit an. Beim Anbringen dieses nunmehr technischen Denkmals wurde beachtet, dass die Anzeigeebene genau in Ost-West-Richtung zu liegen hatte.
Heutige Benutzer dieser Uhr sollen wissen, sie zeigt nur die wahre Sonnenzeit an. Will man die mittlere Ortszeit ermitteln, muss man noch die Zeitgleichung hinzufügen oder abziehen,
z. B. am 1. Januar plus 3 Minuten, an 16. 4. beträgt der Wert Null, am 4.11. plus 16 Minuten und an 25.12. wieder Null.
Als nach dem Jahr 1657 bei uns die ersten Pendeluhren mit einer verfeinerten Zeitmessung auftauchten, war es dann bis Ende des
13. Jahrhunderts bei vielen Wittenbergern üblich, ihre Uhren mittags nach der Polstabsonnenuhr zu berichtigen.
Seit 1810 messen wir unsere Zeit in der Stadt wie anderswo nach der 1798 in Gotha von den Astronomen berechneten mittleren Sonnenzeit.
Die Ungleichmäßigkeit der Bewegung der Sonne und Veränderlichkeiten der Erdrotation machten einen solchen Kompromiss notwendig.
Unsere alte Sonnenuhr beweist uns aber bei Sonnenschein täglich: der Himmel ist ihr Maß.
Unser Zeitmaß aber ist das Produkt menschlichen Denkens und Forschens.
aus: Wittenberger Bürgergeschichten
Dr. Wolfgang Senst †