Die heilige Corona

Die heilige Corona

Reliquien der Heiligen Corona in Wittenberg
Es gibt Namen, die sich zu bestimmten
Zeiten mit sehr unterschiedlichen
Bedeutungen und Assoziationen
verbinden lassen. Diese Beobachtung lässt
sich aktuell an einer wenig bekannten
Heiligen mit dem Namen Corona machen.
Abbildung: Reliquiar, das die CoronaReliquie enthielt (rechts); aus dem
Wittenberger Heiltumsbuch (Ausgabe B,
1509/10) mit Holzschnitten aus der Werkstatt Lucas Cranachs
des Älteren unter Zusammenarbeit mit dem Formschneider
Symphorian Reinhardt.
Unter dem lateinischen Namen Corona und dem griechischen
Namen Stephana verbirgt sich eine eigentlich anonyme
frühchristliche Märtyrerin.
Beide Begriffe meinen die jenseitige Krone bzw. den
Siegeskranz der Märtyrer.
Insofern handelt es sich bei Corona nicht um einen
Namen im eigentlichen Sinne, sondern um einen Märtyrertitel.
Dass sich mit der „Krone“ später eine völlig andere Assoziation
verbinden konnte, zeigt sich an den primären Patronaten der
Heiligen. Weil die „Krone“ ihres Namens mit Geld in Verbindung gebracht werden kann, wurde die Heilige Corona in finanziellen
und die Lotterie betreffenden Fragen angerufen.
Schatzgräber versuchten folgerichtig im 17. und 18. Jahrhundert, mithilfe von Corona-Gebeten verborgenen Schätzen näherzukommen. Zu Beginn des Jahres 2020 entstand wieder neues Interesse an der Heiligen im Zusammenhang mit der Pandemie des Coronavirus
SARS-CoV-2. Plötzlich legte der Name der Heiligen einen Zusammenhang mit dem Virus nahe, das seinen Namen der „Krone“
aus Spike-Proteinen auf seiner Oberfläche verdankt.
Zahlreiche Kirchen entdeckten in der Folge ihre Skulpturen oder Reliquien der Heiligen Corona wieder. Bei den einen wurde echtes Interesse, bei den anderen eher Belustigung ausgelöst – und die
Heilige Corona wurde in manchen Pressebeiträgen kurzerhand
zur (offensichtlich nicht allzu tüchtigen) Patronin gegen die
Seuchen erklärt.
Das Wittenberger Heiltum, die Reliquiensammlung Friedrichs des Weisen, immerhin zu Beginn des 16. Jahrhunderts eine der größten Sammlungen ihrer Art nördlich der Alpen, kann bei dieser
Corona Renaissance nicht zurückstehen.
Hier befand sich nämlich der rechte Daumen der Heiligen.
Der Weg dieser Reliquie nach Wittenberg lässt sich historisch nachverfolgen: Friedrich der Weise erhielt die Reliquie im Jahr 1502
als Geschenk von seiner Tante Hedwig, der Äbtissin des Quedlinburger
Reichsstifts. Dort waren Corona-Reliquien bereits seit Jahrhunderten vertreten gewesen. Kaiser Otto I. hatte sie 964 dem Stift, das erst wenige Jahrzehnte zuvor als Grablege und Memorialort seines Vaters
Heinrichs I. gegründet worden war, geschenkt. Der Quedlinburger Domschatz besitzt noch heute einen Corona-Schrein, der allerdings
erst aus dem 15. Jahrhundert stammt.

Quellen:
Johanna Liedke, Doktorandin am Institut für Kirchengeschichte Leipzig
https://home.uni‐leipzig.de/~skg/cms/2021/03/07/reliquien‐der‐heiligen‐corona‐in‐wittenberg/
VD16 Z 250 (http://mdz-nbnresolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00001265-8)

Artikel gekürzt von Elke Hurdelbrink

zum Seitenanfang