Die Hausfrau! Ohne Beruf!

Ohne Beruf!“ So stand es im Paß.
Mir wurden fast die Augen naß.
„Ohne Beruf!“ war da zu lesen.
Und sie war doch das Nützlichste aller Wesen!
Nur für andre zu sinnen, zu sorgen
War ihr Beruf vom frühen Morgen
Bis in die Tiefe der kargen Nacht.
Nur für der Ihren Wohl bedacht,
Gattin, Mutter, Hausfrau zu sein,
Schließt das nicht alle Berufe ein?
Als Köchin von allen Lieblingsspeisen,
Als Packer, wenn es geht auf Reisen,
Als Chirurg, wenn ein Dorn sich im Finger versplittert,
Als Schiedsmann bei Kämpfen erbost und erbittert,
Als Färber von alten Mänteln und Röcken,
Als Finanzgenie, wenn sich der Beutel soll strecken,
Als Lexikon, das schier alles soll wissen,
Als Flickfrau, wenn Strümpfe und Hosen zerrissen,
Als Märchenerzählerin, ohne Ermüden,
Als Hüterin von des Hauses Frieden,
Als Puppendoktor, als Dekorateur,
Als Gärtner, Konditor und auch als Friseur.
Unzählige Titel könnt‘ ich noch sagen,
Doch will ich den Leser nicht länger plagen,
Und das nennt die Welt dann „ohne Beruf!“

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