1930.05.31. Unser Heimatland
Am nordöstlichen Ausgange des Dorfes Dobien erhebt sich der „Wallberg“. Zur Zeit Albrechts des Bären wurde er mit einer Grenzburg befestigt, und seitdem wird der Burggrafen von Dobien
-auch Tobin und Thobien geschrieben – öfters Erwähnung getan. Da aber später die Ritter von Dobien fortgesezt die von Brandenburg nach Leipzig reisenden Kaufleute belästigten und beraubten, so ließ Herzog Bernhard (1170-1212), der Sohn Albrechts des Bären, mit Unterstützung der Wittenberger wehrhaften Bürgerschaft die Burg zerstören. Später wurde an deren Stelle eine vielbesuchte Wallfahrtskapelle errichtet, die aber im Dreißigjährigen Kriege (1637) zerstört wurde, nachdem sie bereits seit der Reformation nicht mehr in Gebrauch war. Bei Nachgrabungen in neuerer Zeit ist man noch auf Grundmauern gestoßen.
Angehörige des Geschlechtes der Burggrafen von Dobien ließen sich in der Stadt Wittenberg nieder, und noch zur Zeit der Reformation findet sich hier der Name vor. Ob die Annahme einiger Geschichtsschreiber (u. a. G. Stier: Wittenberg im Mittelalter) zutrifft, daß der Name des Ritters Otto von Düben, dessen Burg Ließnitz (beim heutigen Dorf Kropstädt) im Jahre 1358 gleichfalls von Wittenberger Bürgern zerstört wurde, gleichbedeutend mit Dobien sei, mag dahingestellt bleiben.
Im 13. Jahrhundert findet sich eine Reihe von Magdeburger Domherrn, die den Namen von Dobin oder auch von Tobin tragen, und es besteht kein Zweifel, daß zwischen ihnen und den Burggrafen von Dobien verwandtschaftliche Beziehungen bestehen.
(Vgl. Mecklenburgische Urkunden Bd. X).
Daß diese Domherrn sich zuweilen auch Doben und Döben schreiben, ändert daran nichts.
(Vgl. Georg Bode: Urfundenbuch der Stadt Goslar, I. Teil.)
Darin würde vielleicht sogar die Annahme G. Stiers u.a., daß Düben gleichbedeutend mit Dobien sei, eine Stütze finden. Unter den Magdeburger Domherren finden sich folgende mit dem Geschlechtsnamen de Dobin oder auch de Tobin:
1214 Otto, 1215 Wernerus, 1238 Theodorus, 1249 abermals Wernerus und 1262 wiederum ein Otto de Tobin.
(Vgl. Riedel: Codex Diplomaticus Brandenbur giensis, Bd. VIII, XXII, XXIV, und von Mülverstedt: Regester archipiscopatus Magdeburgensis.)
Im 14. und 15. Jahrhundert findet sich die Familie vom Dobien in Rostock und Lübeck, wo sie angesehene Stellungen im dortigen Patriziat und in der Gelehrtenwelt einnahm. Ferner finden wir 1285 einen Heinrich de Dobyn als Komthur in Graudenz, 1292 einen Komthur gleichen Namens zu Balga in Westpreußen und 1303-1306 einen Komthur von Dobyn zu Thorn.
(Vgl. Johannes Voigt: Namen-Codex der Deutschen Ordens-Beamten und „Momenta Historiae Warnejensis“.)
Zu Beginn des 10. Jahrhunderts wanderte ein Zweig der Familie von Dobien aus Deutschland nach den russischen Ostseeprovinzen – Estland, Livland und Kurland aus. – Das älteste bekannte Glied der Familie, Bartelt von Dobien, lebte in der Stadt Reval und gehörte zu den dortigen Patrizierfamilien. Er stand in verwandtschaftlicher Beziehung zu dem Revaler Bischof Arnold II. (1537-1551). Die Nachkommen dieses Bartelt zogen nach Kurland, wo sie Rittergüter erwarben und dem kurländischen Adel angehörten. In Kurland ausgestorben, lebt die Familie von Tobien noch heute in Livland fort. Noch vor kurzer Zeit stand der Verfasser dieser Abhandlung wegen genealogischer Nachforschungen in Briefwechsel mit dem Abteilungschef in der Kanzlei der Livländischen Ritterschaft Alexander von Tobien. Dieser war in den Besitz der „Heimatkunde des Kreises Wittenberg“ gelangt, und, gestützt auf die Tatsache, daß seine Familie im 16. Jahrhundert aus Deutschland nach Livland ausgewandert war, nahm er mit Hilfe des Verfassers Nachforschungen über seine Vorfahren in unserer Heimat vor.
Richard Erfurth †