1928.08.25. Unser Heimatland
Wohl jeder, der beim „Kommiß“ stand, weiß zu erzählen, wie er ein oder das andere Mal „über den Zapfen gestrichen“. Und er freut sich noch heute dieses Streiches, namentlich dann, wenn er nicht dabei erwischt wurde, denn im letzteren Falle mußte er unweigerlich zu „Vater Philipp“ wandern. In Wittenberg befand sich dieses militärische Arrestlokal, woran bei dieser Gelegenheit erinnert sei, lange Zeit in der Bürgermeisterstraße in dem Hause Nr. 4, was jezt dem Herrn Schuhmachermeister Hagendorf gehört. Eine Inschrift am Hause hält diese einstige Bedeutung des Ortes fest in den Worten:
„Vater Philipp hauste hier bis 1904.“
In dem genannten Jahre wurde dieses unbeliebte Soldatenasyl nach dem Neubau der Hauptwache in der verlängerten Bürgermeisterstraße gegenüber dem Schwanenteiche verlegt.
Aber was bedeutet der Ausdruck „über den Zapfen Streichen“ eigentlich, und wie ist er entstanden?
Nach der Niederlage, die Wallenstein im Dreißigjährigen Kriege im Jahre 1632 durch Gustav Adolf bei Lützen erlitten hatte, machte sich unter den kaiserlichen Truppen, die er führte, eine überaus große Lockerung der Manneszucht bemerkbar, die dem ganzen Heere gefährlich zu werden drohte. Vor allem waren es wüste nächtliche Saufgelage, welche zu Schlägereien und Insubordinationen führten. Um ihnen zu steuern, ließ Wallenstein allabendlich ein Signal blasen, welches für den Marketender ober die Marketenderin der Befehl war, den Zapfen an den Fässern zuzuschlagen, also den Ausschank von Getränken einzustellen. Und um nun zu verhindern, daß das Faß nachträglich doch wieder geöffnet werde, gingen der Profoß und sein Weibel das Wort hat sich in dem Dienstgrade „Feldwebel“ erhalten, und beider Befugnisse entsprechen etwa denen der späteren Feldgendarmerie – von Zelt zu Zelt und zogen mit Kreide zwei breite Kreuzstriche über Faß und Zapfen. Ihre vorzeitige Entfernung wurde mit strengen Strafen, sogar mit dem Galgen belegt. Das war der „Zapfenstrich“ oder: „Zapfenstreich“. Allmählich wurde dann dieser Vorgang zur Bezeichnung des Signals, welche die militärische Polizeistunde anzeigte, zum „Zapfenstreich“.
Wer diese überschritt hatte über „den Zapfen gestrichen“.