Unternimmt man einmal eine Wanderung nach Dobien, so fällt schon von weitem der eigentümliche, 108 Meter über dem Meeresspiegel sich erhebende Kegelberg auf, neben dem die Dobiener Kirche gleichfalls auf einem Berge steht. Unwillkürlich kommt man zu der Überlegung, daß der Wallberg, wie er bezeichnet wird, in seiner Gestalt nicht von der Natur geschaffen wurde, sondern daß hier Menschenhand mitgestaltet hat.
Da drängen sich drei Fragen auf:
Wer gestaltete den Berg zu dieser Form?
Wann geschah dies?
Welcher Zweck wurde damit befolgt?
Zuerst der Name Wallberg.
Dieser hat mit der Bezeichnung Wall nichts zu tun, auch nicht
mit Wallburg, da ursprünglich eine Burg dort nicht vorhanden war. Hier befand sich in grauer Vorzeit eine Kult- oder Walstätte,
wie wir sie bis nach Asien hinein verfolgen können. Hier verehrten die Ureinwohner ihre Gottheiten, und fröhliche religiöse Feiern fanden dort statt. Wir müssen dabei an die Namen Walhalla, Walküre, Walpurgis usw. denken.
Später erbaute man dicht dabei Kirchen, die den Heiligen gewidmet waren, so auch auf dem Apollensberg und dem Michelsberg.
Diese sind in den langen Kriegsjahren verschwunden.
In Dobien blieb die Kirche erhalten.
An den Walstätten errichtete man auch Burgen oder Burgwarte.
So wurde im Jahre 965 der Burgwart Pratau errichtet, die Burgwarte Wittenberg und Dobien in den Jahren 1180-1187; erwähnt seien auch die Burgwarte Zahna, Elster und Rabenstein. Diese Burgwarte sprechen dafür, daß hier wichtige Handelsstraßen vorbeiführten. Verfolgen wir die Spuren weiter, so können wir annehmen, daß sich bei Dobien die große Straße von Süden nach Norden hinzog, die zu der sagenhaften Stadt Vineta, der damals größten Stadt in Europa, führte.
Die Burgwarte sollten dem Schutze der durch das Land ziehenden Kaufleute dienen. Freilich raubten dann die Ritter oder Burgherren die Kaufleute selbst aus, und das führte auch dazu, daß um das Jahr 1200 Wittenberger Bürger gegen die Burg Dobien zogen und diese einnahmen.
17 solcher Burgwarte können wir in unserer Gegend zählen.
Wie sahen nun die Burgwarte aus?
Der Berg wurde befestigt, erhöht und Gräben darum gezogen.
Oben wurden turmartige Gebäude errichtet; allerdings nicht aus Stein, fondern aus Lehm und Holz.
An den Abhängen standen Bäume. Die Gräben wurden beiderseitig durch Planken abgesteift, und es war zu damaliger Zeit schwer, einen so befestigten Burgwart zu erstürmen.
Spuren von Steinen sind am Wallberg nirgends zu entdecken, deutlich sind aber noch Gräben erkennbar.
Lehrer Hinneburg erzählte dann von dem Geschlecht der Burgherren von Dobien, von denen später mehrere hohe geistliche und weltliche Ämter bekleideten.
Urkunden darüber sind von 1179 an vorhanden.
Die Herzogin Agnes schenkte Dorf und Kirche Dobien dem Hospital zum heiligen Geist in Wittenberg mit der Verpflichtung, jährlich zum Todestage ihres Mannes Rudolf I. eine heilige Messe zu halten und zehn Arme mehr zu verpflegen.
So kam Dobien lange vor 1500 in Wittenberger Besitz, und seit dieser Zeit steht die Dobiener Kirche auch unter Patronatsrecht
von Wittenberg.
Um 1700 wird die Gegend um den Wallberg als schön bewaldet bezeichnet, zumeist Erlen. Diese wurden von den Bauern gefällt, worüber der Pfarrer Klage führte; er wollte auch seinen Teil haben, was die Bauern aber ablehnten.
Heute stehen am Wallberg wieder Erlen, Zeugen alter Zeit;
wir denken zurück an die Zeit der Sonnenreligion, denken und schauen, sehen in Gedanken den Burgwart da oben und denken an die Kämpfe die hier stattfanden.
Das alles soll dazu beitragen, den Wallberg in Dobien mit anderen Augen zu betrachten als bisher.
Aus dem Vortrag von Lehrer Hinneburg im Verein für Heimatkunde und Heimatgeschichte
aus: Wittenberger Tageblatt vom Januar 1936