Der Bunkerberg

Wittenberg war seit 1174 eine Burgward und sollte bereits
1764 entfestigt werden.
Da man dies aber nicht so eilig hatte, zumal die Wälle zum Teil wegen des Grases verpachtet waren, wurde die Festung unter Napoleon sogar noch verstärkt.

Bunker zwischen Luthereiche und Augusteum (heute Bunkerberg)
aus: Archiv des HVWB

Dies brachte der Stadt 1814 viel Zerstörung ein.
Auf den Wällen am Elstertor legte der Universitäts-Mechanikus Schkuhr z.B. einst einen Botanischen Garten an.
Am 30. Mai 1873 wurde durch Kaiser Wilhelm I. die Entfestigung Wittenbergs befohlen.
Am 01. Sept. 1873 hörte der bis dahin bestehende Beschluss
des Elstertores auf und die dortige Torwache wurde aufgehoben.
Im November 1873 geschah der Abbruch dieses Tores, dem im gleichen Monat auch der Abbruch des Elbtores folgte.
Die wegen der Wintermonate teilweise zum Stillstand
gekommenen Entfestigungsarbeiten begannen wieder im
März 1874 mit dem Abbruch des Schlosstores.
Am 04.Mail 1874 geschah der Durchbruch der neuen Torpassage
in der Juristenstraße, welche bisher durch den hohen Festungswall nach Norden abgeschlossen war. Die Bewohner der Straße gaben ihre Freude durch Beflaggung Ausdruck.
Am 28. August l874 erfolgte die Auflösung der Kommandanturbehörde.
Am 01. September 1874 begannen die Arbeiten am Durchbruch
der Bürgermeisterstraße.
Im Oktober 1874 wurde mit der Abtragung der höchsten Schanze begonnen – die sogenannte „Kavalierschanze“.
Der Torturm des Elstertores wurde erst 1876 und der Drachenkopf am Ausgang der Elbstraße als letzter Rest des Elbtores erst im September l879 abgerissen. Große Teile des Brückenkopfes ließ man zum Gedenken stehen.
10. Mai 1885 – Bei der Ausschachtung des Erdkellers am Elstertor wurde ein Gang freigelegt. Er ist nur ½ Meter hoch und sein
Zweck noch unbekannt. In Wittenberg wurde behauptet,
dass einst ein Gang vom Augustinerkloster zur Elbe führte.
Im April 1903 wurde mit dem Zuschütten des südlichen Stadtgrabens begonnen. (Sumpfgebiet)
Die Stelle an der Mauer der „Bastion Donnersberg“ verschlang
hier Unmengen von Sandmassen. Stangen mit daran befestigten Strohwischen warnten die Passanten vor dem Betreten dieser Stellen.
Die Stadträte Eunicke und Leonhard setzten sich besonders um
den Erwerb der Wälle und Festungsgräben ein.
Aus diesen Festungseinrichtungen entstanden die Parkanlagen.
Die Baubeschränkung, welche bereits 1871 gemildert worden war, wurde nun vollständig aufgehoben.
Neue Straßen und Stadtteile entstanden.
Wächter der städtischen Anlagen war 1905 Herr Voigt.
Alle Jungens hatten vor ihm großen Respekt.
Im März 1907 verstarb der Promenadenwärter Voigt.
Neuer Anlagenwächter wurde am 19. April 1907 der Arbeiter Henze.
Nach dem zweiten Weltkrieg gestaltete der Gartenbau – Direktor Tworke die Parkanlagen neu.
Die Villa des Herrn Otto Friedrich, Besitzer der Hundeschule
„Cäsar und Minca“ aus Zahna, wurde ab September 1889 am
Elbtor in Wittenberg erbaut. Es stellte sich heraus, dass der Baugrund sehr locker, und bis zu 25 Fuß aufgeschüttet war (ehemaliger Festungsgraben). Herr Schmiedichen musste das „Brunnensystem“ wählen, indem er 11, acht bis neun Meter tiefe Brunnen bohrte und diese mit Grundsteine und Zement füllte. Hierauf wurden die Grundbogen aufgemauert um die Villa darauf
zu errichten. Bei Kampfhandlungen 1945 wurde die 1889 erbaute Villa in der Collegienstr.53a durch Brand zerstört.
Ab November 1901 bewohnten sie Herr Dr. Tassilo Schmidt,
dann ab 1914 der Zahnarzt Th. Tiedt, und schließlich der Buchdruckereibesitzer Heinrich Haecker.
Der Lehrer Eichhorn schrieb 1929, dass die Villa unter
Dr. Tiedt „Villa Margareta“ hieß.
Herr Haecker ließ die Villa mit „ Haus Diana“ beschriften.
Im November 1948 wurde die Haeckersche Villa dem Wittenberger Handwerk zur Verfügung gestellt und als „Haus des Handwerks“ ausgebaut. Der Hausbau wurde als Lehrbau ausgeführt.
Gegenüber der Villa wurde um 1943 ein Bunker erbaut. (Bauingenieur Isermann)
Der Bunker wurde durch Kriegsgefangene Russen, Belgier, Franzosen und Afrikaner erbaut.
Es gab einst drei dieser Großbunker in Wittenberg:
– der erste stand in der Heubnerstraße,
– der zweite in der Falkstraße und
– der dritte war der zwischen Luthereiche und Augusteum
(heute Bunkerberg).

Bunker gesprengt
aus: Archiv des HV WB 

Im Juni 1946 erfolgte die Sprengung des Luftschutzbunkers.
Durch die Bunkersprengung in der Falkstraße wurde die benachbarte Mädchenschule stark beschädigt.
Insgesamt wurden drei Großbunker in Wittenberg

gesprengt (Freiheit vom 06. Mai 1947). Noch 1951 lag der Bunker in der Heubnerstraße in Trümmer. 30 Prozent Trümmer konnten bis September 1951 erst beseitigt werden. So wurde z.B. an der Ecke Falk-Zimmermannstraße noch mit einem Pferdefuhrwerk und Karren gewerkelt.
1945 wurde die Wittenberger Metallwarenfabrik gegründet.
1950 wurde sie kommunales Wirtschaftsunternehmen und 1951 VEB (K). Bei der Bunkerabtragung wurden durch den Betrieb große Mengen Drahtgeflecht geborgen. 1952 stellte man hieraus 100000 Gepäckträger, 80000 Feuerhaken und 25000 Ofenkratzen her. Produktionsleiter war Herr Engel und BGL Günther Winkler.
Es waren 76 Mitarbeiter hier beschäftigt. Produziert wurden auch Haushaltswagen und Kehrschaufeln.
Mitbegründer der CDU waren am 01. Juli 1945 der Katholik Dr. Kroemer, Herbert Schmidt und Julius Richter („ Jule“ genannt – ein älterer Herr) (Buch von Christa Johannen 1966).
J. Richter wohnte in Friedrichstadt und war Aktivist der ersten Stunde. Er war nach 1945 Verantwortlicher für Aufbau und Versorgung. So sorgte er z.B. dafür, dass es bereits nach drei Tagen wieder Brot gab. Er gab auch den Auftrag die Elbbrücke, welche halb im Strom lag, wieder zu errichten. Für diese zunächst hölzerne Brücke mussten 28000 Bolzen, Manschetten und Platten gefertigt werden. 1947 stand sie bereits wieder.
„Jule“, wie man ihn überall im Kreis nannte, sorgte auch dafür, dass katholische Gottesdienste abgehalten werden durften.
Julius Richter war 6 Jahre Vorsitzender der PGH „Stahl“.
1959 wurden 22 dieser Produktionsgenossenschaften gegründet. Alle Metallverarbeitenden Produktionsgenossenschaften wurden zur PGH „ Stahl“ zusammengefasst.
Als Obermeister war Julius Richter Initiator zum Bau des „Haus des Handwerks“. Um 380000 Mark zu sparen, ließ er den Bunker bei der Luthereiche mit Schutt und Asche auffüllen.
Dieser „Monte Clamotte“ wurde daher auch „Julius – Berg“ genannt. Zusammen mit Dr. Kroemer zog er durch den Landkreis um Ortsgruppen der CDU zu gründen.

Burkhard Richter †

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