Der Bierstern leuchtete über Wittenberg

Der Bierstern leuchtet über Wittenberg
1968.07.13. Freiheit

Heinrich Heine schrieb einmal sehr lustig darüber, daß der Herzog von Braunschweig dem kleinen Mönch Martin Luther nach dessen großer Rede eine Kanne Einbecker Bier auf die Herberge bringen ließ und schloß, daß er dem Hause der Welfen diese gute Tat niemals vergessen werde. Dieses gute Bier wußten die Wittenberger schon immer sehr zu schätzen, denn bereits seit 1519 wurde es hier nachweisbar im „Adler“ und im „Schwarzen Bär“ ausgeschenkt. Bekannter ist das Wittenberger Bier unter dem Namen „Gugucks“ Bier. Hier, so behaupteten die trinkfesten
Studenten, ruft der Kuckuck ganzjährig.
1524 brauten 172 Hausbesitzer das einfache Trinkbier, das zur Braunahrung gehörte und als Suppe oder sonstiges Getränk zum täglichen Gebrauch genutzt wurde. Mit einem Viertel Wittenberger Bier begab sich der Bürgermeister Hohndorf damals auf seinen Dachboden, um dort den Weltuntergang abzuwarten. Nachdem das große Ereignis nicht eintrat, nahm er wieder seine Amtsgeschäfte auf, auch war das Bier inzwischen zu Ende gegangen. Nur reiche und gutsituierte Bürger hatten das Braurecht, die kleinen Handwerker in ihren „Buden“ nicht. Sie konnten das Bier vom Brauerben kaufen. Mit dem Hauskauf ging gleichzeitig die Braugerechtsame auf den neuen Käufer über.
1513 zahlten die Brauberechtigten für jedes gebraute Bier eine Steuer von 20 Groschen, davon nahm sich der Kurfürst im Schloß 15 Groschen und die Stadt kassierte 5 Groschen ein. Der Brauerbe mußte auch sein Scherflein für die Aufrüstung des Kurfürsten beitragen. Nach dem „Grimmischen Vortrag“ (Grimmaer Vertrag) von 1555 hatte die Stadt Wittenberg das Recht, nach 34 Dörfern der Umgebung das Bier zu liefern. Wer nicht Wittenberger Bier dort trank, wurde mit der hohen Strafe von 10 Gulden (= 10 Schweinen) belegt und außerdem wurde das vorgefundene „ausländische“ Bier beschlagnahmt. Kemberg, Schmiedeberg und Zahna durften auch Bier kaufen, mußten sich jedoch mit denWittenbergern darüber abstimmen. Berühmt war das Kemberger Bier, weil dort der beste Hopfen weit und breit angebaut wurde.
Um 1700 braute man in Wittenberg noch 415 1/2: Biere, nach und nach ging aber das Gewerbe zurück. Damals versteuerten die meisten Hausbesitzer zwei bis vier Gebräue, manche auch sechs, Für je 1 Bier mußte eine Steuer von sechs Groschen gezahlt werden. Um diese Zeit kam auch das Weißbier auf. Neben dem Wittenberger Bier tranken die Bürger in den Schenken und Gasthöfen oder auch als Private folgende Biere: aus Jessen, Zerbst, Zahna, Schmledeberg,
Kemberg, Eilenburg, Naumburg, Dessau, Löbejün, Belzig und Prettin. Einmal fand ich auch die Bezeichnung „Berlebisch Bier (vermutlich aus Barleben). Mit Weißbier gab man sich kaum ab, das kaufte man aus Coswig und Kropstädt (Breyhahn).
Einmal wird auch bei der Kassierung der Brausteuer ein Kräuterbier­ angegeben. Hierbei handelte es sich vermutlich um unser bekanntes Braunbier, das mit Kräutern angesetzt wurde.

heikü

zum Seitenanfang