Nun hat endlich der Winter ein Ende, und die Natur beginnt sich draußen wieder zu erneuern.

nach Oskar Herrfurth – (geb. 1862).
Der Frühling steigt auf die Berge, die Saaten grünen, die Knospen springen, die ersten Lenzblumen lugen neugierig durch das winterliche Laub, umsummt von den ersten Bienen, der Hirt treibt zum ersten Male seine Herde aus, und in den Lüften begleitet die Lerche mit ihrem lieblichen
Gesange die Frühjahrsbestellung des Landmannes.
Das ist der Rahmen des Bildes vom deutschen Osterfeste.
Am Ostersonnabend klingen die Glocken weithin in das Land und bringen ihm die frohe Botschaft:
Christ ist erstanden, der Tod ist besiegt, der Winter ist vorüber!
So sind Ostern und Frühling Geschwister.
Auch unsere Osterbräuche tragen teils altgermanisch-natürlichen, teils christlichen Charakter.
In den der Osternacht wird das das Wasser im Bache zu Wein oder es erhält eine besondere Heilkraft.
Diese bei den alten Germanen sich bereits vorfindende Anschauung trifft man auch noch heute in dem weitverbreiteten Osterbrauch an, dass in der Nacht die Jugend schweigend zum Dorfbache geht und Osterwasser schöpft.
Mädchen, welche den Gang verschlafen, gießt man in Thüringen zum Scherz das Osterwasser eimerweise in das Haus.
Beim Schöpfen darf nicht gesprochen werden, denn „Plapperwasser“ wird wirkungslos.
In alter Zeit musste beim Osterwasserschöpfen der Zauberspruch gemurmelt gemurmelt werden:
„Untergeh’n, auferstehn, immer treu, ewig neu“.
Dass zur österlichen Zeit mit Anbruch des Frühlings Freudenfeuer zu Ehren einer Frühlingsgottheit, vielleicht des Donar, der mit mit seinem Hammer die Frost oder Eisriesen bis zur Vernichtung besiegt, abgebrannt wurden, ist bekannt.
Die in einem großen Teile Norddeutschlands noch üblichen Osterfeuer sind Reste dieser altgermanischen Sitte.
Sie sollten dem Lande Kunde von der Wiederkehr des sehnlichst erwarteten Lenzes bringen. Wie oft habe ich am Südharze das Holz zum Osterfeuer einholen helfen!
Als gäbe es eine Arbeit von höchster Wichtigkeit zu verrichten, so mühten wir Kinder uns ab, nach dem Nachmittaggottesdienste am ersten Ostertage mit dem Rufe:
„Die Kirche ist aus, gebt’s Osterholz ‚raus!“
in allen Häusern Holz- und Strohreste, altes Gerümpel, Besen und Leertonnen zusammenzutragen.
Wehe, wer etwa Miene gemacht hätte, uns die schuldige Beisteuer beim Sammeln zu versagen; ein Spottlied hätte ihm seine Pflichtversäumnis klar gemacht.
Am Abend ging’s auf den naheliegenden Berg.
Der Holzstoß war schon aufgeschichtet, bald schlugen die Flammen züngelnd an ihm empor, und eine dichte Rauchwolke schob sich hinab ins Tal.
Nun entzündeten wir unsere schon tagelang vorher verfertigten Pechfackeln an langen Stangen in der Glut und führten einen Reigen auf, wobei die Fackeln im Kreise gedreht wurden.
Bald erschienen auch die Nachbarfeuer anderer Gemeinden auf den Höhen, uns so entstand das mir unvergessliche Schauspiel einer ganzen Kette von Feuern, die von den Fackellichtern wie von unzähligen Glühwürmchen umschwärmt wurden.
Die Asche wurde nach altem Volksglauben allenthalben auf die Saatfelder gestreut, um deren Wachstum zu befördern.
Das Symbol des Osterfestes ist das Osterei, und mancherlei Eierspiele sind in Deutschland noch im Gebrauch.
Sehr bekannt ist die Gepflogenheit der Kinder, dass sich zwei zusammentun und hartgekochte Ostereier mit dem Spitzen oder stumpfen Ende gegeneinander stoßen.
Wessen Ei dabei zerbricht, der verliert und muss es dem anderen geben, dessen Ei härter gewesen ist.
Dieses Spiel heißt im Vogtlande „Eierhärten“, in Schwaben „Bicken“, bei den vlamländischen Belgiern „Tippen“.
In Kemberg war es noch vor etwa 50 Jahren im Gebrauch.
In Schwaben kennt man das Eierlesen am Ostersonntage.
Zwei Parteien gehen miteinander eine Wette ein.
An die Spitze jeder Partei stellen sich die Kämpfer, welche ihre Rolle nach dem Lohn übernehmen. Der eine muß nämlich von einem bestimmten Platze, gewöhnlich aus dem nächsten Orte, einen Säbel, einen Zweig, einen Stecken oder sonst etwas holen, während der andere eine Anzahl von mindestens hundert Eiern von der Erde aufliest. Diese werden, bevor das Spiel beginnt, unter Begleitung der Musik im ganzen Dorfe eingesammelt und dann in bestimmten Zwischenräumen, meist einen Schritt weit, in gerader Linie auf die Erde hingelegt und müssen in einen großen Korb, welchen man dem Aufleser in einer gewissen Entfernung nachträgt, zusammengelesen werden.
Der Einleser ist auf diese Weise genötigt, beständig ab und zuzulaufen, indem er jedesmal nur soviel Eier aufnehmen kann, als er zu tragen vermag.
In einigen Dörfern muss er die Eier einem Mädchen in die Schürze werfen, in anderen in einen mit Spreu gefüllten Korb.
Da er aber verliert, wenn er mehr als zwei Eier von jedem Hundert zerbricht, oder der Läufer zurückkommt, ehe die Eier alle beisammen sind, so siegt gewöhnlich der Läufer.
Die Partei, welche verspielt hat, muss die Eier bezahlen, einen großen Kuchen backen lassen und die siegende Partei im Wirtshause freihalten.
Auch anderwärts locken die linden Lüfte und der lichte warme Sonnenschein das junge Volk am Osterfest hinaus in das Freie, und allerhand Osterspiele auf dem Dorfanger oder der Dorfstraße werden aufgeführt.
Im ehemaligen Königreich Sachsen und in der Lausitz kennt man das „Osterreiten“.
Die sogenannten Flurritte hängen mit dem altgermanischen Volksglauben zusammen, nach welchem im Frühjahr die den Menschen feindlichen Dämonen am Werk waren, die Saatfelder zu schädigen.
Zu ihrer Vertreibung zog die Bewohnerschaft aus, indem sie in feierlichem Zuge um die Äcker ritt.
Im Anklang an diese Sitte versammelt sich am Ostersonntag vor Sonnenaufgang die männliche Jugend des Dorfes zu Rosse;
es sind die Saatreiter, wie sie in der Lausitz heißen.
Der Versammlungsplatz ist meist vor der Kirche.
Von hier aus geht es mit Musik um die Saatfelder herum und zuletzt durch die Straßen des Ortes.
Aus den Häusern erhalten sie bei diesem Umzuge Spenden an Kuchen und Getränken.
Am Harze werden an den Osternachmittagen Wettspiele um die „Brautbälle“ und die „Brauttücher“ gehalten, welche die Jungverheirateten Hausbesitzer den Burschen und Mädchen gespendet haben.
Zunächst besteht der Kampf darin, dass die Hälfte der gesammelten Bälle ausgeworfen wird. Sie werden hoch in die Luft geschleudert, und wer sie auffängt trägt sie als Preis davon. Die andere Hälfte wird zum Schlagball verwandt,den Höhepunkt aber erreichen die Freuden der Osterspiele, wenn die jungen Mädchen den „Brautlauf“ halten.
Am Ende der Wiese ist ein Pfahl mit einer Querstange aufgerichtet, an welcher die gespendeten Brauttücher hängen.
Es gilt als eine hohe Ehre die jungen Mädchen, Siegerin im Brautlauf zu sein.
Rechts und links bilden die Dorfbewohner als Zuschauer eine Gasse und unter ihrem ermunterten Zuruf sowie unter den neckenden Scherzen der Burschen beginnen die Mädchen ihren Lauf; die Siegerinnen werden am Endziel mit dem Siegespreisen geschmückt und alsdann im Triumpfe dem Dorf zugeführt.
Brautball und Brautlauf sind uralte germanische Volksspiele und werden in der Edda erwähnt.
Am östlichen Deutschland kennt man das „Schmeck- oder Schmack – Ostern“. Es besteht in einem Kinderspiele, bei welchem die Kleinen Weidenruten zusammenbinden und mit bunten Bändern umwickeln,
Damit ziehen die Scharen auf die Straße und schlagen jedem, der ihnen begegnet, auf die Hände, wofür die „Geschmack- Osterten“ ein Lösegeld zu bezahlen haben.
Anderwärts lauern die jungen Burschen den am Brunnen gehenden Mädchen auf und bespritzen sie mit Wasserstrahlen aus Holunderbüchsen.
Eine eigentliche Ostersitte besteht in Kelbra am sagenumwobene denkmalgekrönten Kyffhäuser.
Dort wird Ostern „Markt“ gehalten.
Am Palmsonntage gehen die jungen Mädchen und Burschen getrennt in die Waldungen des Kyffhäusergebirges, nachdem sie vorher einen besonders gewandten Burschen zum „Marktmeister“ gewählt haben.
Dieser hat die Aufgabe, unter den Burschen und Mädchen Verbindungen anzuknüpfen und darüber nach Art der Marktleute zu verhandeln.
Am Nachmittage des ersten Ostertages begeben sich nun die jungen Leute gemeinsam auf den Weg, und unter fröhlichem Lachen und Scherzen verkündigt alsdann der Marktmeister das Ergebnis seiner Verhandlungen.
Auch dieser Volksbrauch ist uralt und erinnert an die noch heute am Niederrhein und Mittelrhein bestehenden scherzhaften Mädchenversteigerungen, welche Mailehen“ oder „Mailien“ genannt werden.
R. Reichhardt