Die Schiffer unserer Zeit orientieren sich fast ausschließlich an den Kilometerangaben entlang der Elbe.
Diese sind rechtsseitig, bei Schöna in der Sächsischen Schweiz (früher Grenze zwischen Sachsen und Böhmen) mit Null beginnend und in Hamburg bei km 624,8 endend, aufgestellt.
Man erkennt sie als schwarze, rechteckige Tafeln mit großen weißen Ziffern.
Unmittelbar an der Tafel 182 passiert die Elbe unsere Kreisgrenze und nachstehende Orte unseres Kreises liegen an folgenden Elb-Kilometern:
– Pretzsch 185,
– Elster 200,
– Gallin 205,
– Wittenberg (Brücke) 214.
– Coswig hat schon die Kilometertafel 237.
– Kleinwittenberg, als immer noch bevorzugte Feierabendstelle, befindet sich urkundlich an km 216,6.
Diese Kilometerangaben werden heute in den Fahrtenbüchern notiert.
Gelegentlich, vor allem bei älteren Schiffersleuten, sind noch spezielle Stromstellennamen eingeprägt bzw. auch noch zu hören, die teilweise Jahrhunderte überlebten.
Man muss aber einschätzen, dass diese mehr und mehr aus dem Sprachgebrauch verschwinden.
Meist stehen sie jedoch in engem Zusammenhang mit der Bewältigung der täglichen Arbeit oder sind unter Bezugnahme auf gravierende Anhaltspunkte der Natur entstanden, jedoch zu einer Zeit, in der die Elbe noch nicht vermessen war.
Sie entstanden daher auch vor den Hauptaktivitäten der Elbregulierung, die etwa um 1850 lag.
Der Ursprung lag vornehmlich und mit großer Sicherheit in der Zeit der Segel- und Treidelschifffahrt (Domätscher).
Diese speziell gewählten Strombezeichnungen waren somit auch ein Hilfsmittel (oft das einzige) zur Stellenauffindung bzw. Verständigung untereinander.
Bei der Betrachtung der Stromstellennamen fällt sofort auf, dass einige Grundwörter wie Loch, Grube, Steine, Furt, Sand, Ecke usw. mit speziellen Ortsnamen in Verbindung gebracht, jahrhundertelangen Sprachgebrauch bildeten.
Einige Beispiele aus unserem Kreis sollen diese Feststellungen belegen.
Der Prühlitzer Heger (Prühlitz war bis 1939 ein eigenständiges Dorf und gehört jetzt zu Mühlanger) weist auf eine große Sandbank in der Mitte der Elbe hin, die der Schifffahrt sehr viele Probleme machte. Die Elbe war zu dieser Zeit im Mittellauf etwa 25 Zoll (65,4 cm) tief. Diese Heger waren teilweise sogar bewachsen und nur bei überdurchschnittlichem Wasserstand überflutet.
Karl Jüngel †
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aus: Freiheit vom Dezember 1981