am 24.03.1992 (Neuzeit) …
Seit der Gründung des Heimatvereins Lutherstadt Wittenberg und Umgebung e. V. vor 25 Jahren vermittelt der Verein in Veranstaltungen, bei Radtouren, bei Exkursionen Heimatgeschichte in und um Wittenberg.
Von Jahr zu Jahr wächst das Ansehen des Vereins in unserer Stadt. Dies beweisen die Besucherzahlen bei Veranstaltungen, die Kontakte zu anderen Vereinen und viele Tätigkeiten.
1997 trat der erste Vorstand unter dem Vorsitzenden Burkhart Richter zurück.
Im Jahre 1998 beschlossen dann die neugewählten Vorstandsmitglieder unter dem Vorsitz von Bernhard Naumann, am Stadtfest „Luthers Hochzeit“ teilzunehmen. Frau Inge Senf und Frau Paasche stellten in der Jüdenstraße 5 ihren Laden und die Toreinfahrt zur Verfügung und viele fleißige Helfer schufen für einige Tage eine attraktive „Heimatschänke“, die gut besucht wurde. Schnell war der Name „Katharinas Gesinde“ gefunden. Neben Kaffee und Kuchen gab es eine Ausstellung im Laden. Einige Jahre später wechselte die Heimatschänke in das Foyer des Bugenhagenhauses. Durch den Wechsel riss der Besucherstrom nicht ab. Neue Ideen wurden geboren. Einige Mitglieder erklären interessierten Gäste und Bürger unserer Stadt einen alten Rechentisch, einen Nachbau, das Original befindet sich in den Räumen der Stadtkirche. Eine entsprechende Ausstellung wurde erarbeitet. In Gesprächen mit den Gästen wurde über manche Begebenheit gesprochen und Heimatkundliches vermittelt.
Über eine weitere Aktivität möchte ich berichten, über die Zeitung des Heimatvereins „Der Thürmer“, die zum Stadtfest erscheint.
Wie fing alles an?
In der Tagespresse „Die Freiheit“ und später in der „Mitteldeutschen Zeitung“ erschienen öfters heimatgeschichtliche Beiträge, z. B. von Heinrich Kühne, Günter Göricke, die ich sammelte. Heimatliteratur kam hinzu. Mit der Gründung des Heimatvereins Lutherstadt Wittenberg und Umgebung e. V. im Jahre 1992 wurde ich Mitglied. Ich beteiligte mich an der Vorstandsarbeit und bei der Erarbeitung des monatlichen Programms, auf der Rückseite des Blattes wurden interessante Themen behandelt.
Meine Idee war es, eine kleine Heimatzeitung herzustellen. Kein Hochglanz, wenige Kosten und viel Wissen. Mit Blick zu den Stadtkirchtürmen fiel mir die Türmergeschichte ein. Heimatfreundin Inge Senf hatte ein Foto vom letzten Türmer Herrn Otto. Sie schenkte es mir.
Der Titel war geboren: „Der Thürmer“ (Th – alte Schreibweise). Wie viele Seiten soll die Zeitung haben? Wer vervielfältigt sie und welche Kosten entstehen? Zwei A3-Blätter, in Schwarzweiß, waren nicht zu teuer, also 8 Seiten. Weitere Überlegungen waren, wer soll die Zeitung lesen. So entstand folgendes Konzept. Zuerst die Gäste, unsere Bürger und Heimatinteressierte. Der Inhalt: etwas über unsere Stadt Lutherstadt Wittenberg, Dr. Martin Luther und seiner Familie, Gedenken an berühmte Professoren unserer ehemaligen Universität und bedeutende Persönlichkeiten, Geschichten und Geschehnisse aus vielen Jahrhunderten.
Nach diesem Prinzip ging es 1998 los. Für das erste Exemplar waren die Geschichte von der Frau Otto und ein Bericht über die alte Turmwinde schnell gefunden. Es folgten Artikel über ein Brautgeschenk zu Luthers Zeiten, das Röhrwasser – einmalig in Norddeutschland und über die Gefahren für die Elbebrücke – Eisgang und Schiffsunglücke.
Viele Heimatforscher, so unser Vereinsgründer und langjähriger Vorsitzender Burkhart Richter, Rudi Lipinski, Otto Blüthgen, Günter Göricke, Bernhard Gruhl, Waltraud und Manfred Richter, um nur einige zu nennen, halfen mir die alten Artikel aus Zeitungen und Büchern zu überarbeiten. Die erschienenen Beiträge sollten keine wissenschaftlichen Ausarbeitungen sein. Sie sollten kurz informieren und zum weiteren Studieren anregen.
Endlich war das erste Exemplar fertig, aber es sah eintönig aus. Ein gelber handgemalter Strich im oberen Teil des Deckblattes symbolisierte die Stadtfahne.
Der nächste Schritt – der Verkauf.
Unser Heimatmitglied Radoy erklärte sich bereit, beim Verkauf zu helfen. Er war ein großes Talent, geschickt, aber nicht aufdringlich sprach er die Leute an. In den drei Tagen des Stadtfestes verkauften wir weit über 600 Exemplare.
Dies war Ansporn zu weiteren Ideen für das nächste Stadtfest.
1999 – 500. Geburtstag von Katharina von Bora – die Ehefrau von Dr. Martin Luther.
Wir als Katharinas Gesinde gestalteten den Laden von Frau Senf und der Frau Paasche mit vielen Pflanzen aus dem 16. Jahrhundert. Die Ausgabe befasste sich mit den Gärten von Familie Luther. Sie machte auch auf ein anderes Jubiläum aufmerksam, nämlich das Portal der Thesentür an der Schlosskirche, Erinnerungen an die Maiblumenzucht in Wittenberg und an den ältesten Bahnhof, erbaut 1841, in der jetzigen Straße „Alten Bahnhof“ kamen dazu.
Im Jahre 2000 erschienen vor allem Artikel über Persönlichkeiten, so über den Kurfürsten und Gründer der Universität Friedrich III. und den ersten evangelischen Stadtpfarrer, einen Freund von Dr. Martin Luther, Johann Bugenhagen. Weiterhin standen Albrecht der Bär, der Askanier, der Gründer und Chefarzt der Entbindungsstation Dr. Bosse, Frau Mesewitz, Kirchenliederdichterin, Friederike Caroline Neuber (Neuberin), Mitbegründerin des deutschen Schauspiels, Julius Riemer, Gründer des Natur- und Völkerkundemuseums und Eunicke, der unsere ehemaligen Wallanlagen in einen Park umwandelte, im Mittelpunkt.
2001 erschienen die Erläuterungen zum Alten Rathausportal und zur Elbgeschichte. Die Story des Kohlhass und des Porzellanerfinders und Goldmachers J. F. Böttger, der in unserer Stadt inhaftiert war, interessierte viele Leser. So auch der Schwarze Tod – die Pest, die viele Jahre in unsere Stadt wütete.
Nicht alle Inhalte der Zeitungen kann man erwähnen, über einige Beiträge möchte ich dennoch berichten.
2002 – 500 Jahre Universität. Ein Bericht über die Auslagerung der Universitätsbibliothek per Schiff.
2003 – berichtete die Thürmerzeitung über den Kurfürsten Johann Friedrich der Großmütige, der zu seiner Frau und den Söhnen nach Weimar floh, Lucas Cranach d. Ä. folgte ihm. Über das Giftbuch der Cranach-Apotheke und Pflanzen auf Cranach-Altären wurde berichtet.
Bei der Offenlegung des Rischebachs in der Jüdenstraße fragten mich viele Bürger nach der Herkunft des Baches. Daraus entstand das Projekt Rischebach, mit einer Ausstellung, einer Radwanderung entlang des Krähebachs zur Quelle des Rischebachs bei Straach und dann dem Bachlauf folgend zur Elbe, einem Film und auch im „Thürmer“ wurde das Thema ausführlich behandelt.
In den Ausgaben des Thürmers wurden die kleinen Geschichten nicht vergessen, z. B. der Streit um den Fischmarkt, der Tumult auf dem Kirchplatz oder der Storch auf dem nördlichen Schlossturm, da die Spitze zur Sanierung heruntergenommen worden war.
Immer wieder folgte auf der zweiten Seite der Zeitung etwas aus dem Lutherhaus, so die Küche und das Vieh der Frau Luther.
In zwischen war das fünfte Jahr des Erscheinens der kleinen heimatkundlichen Stadtfestzeitung vergangen. Immer noch ohne Werbung und Sponsoren und das gleiche Konzept wurde beibehalten. Es entwickelte sich eine Stammkundschaft, Gäste aus verschiedenen Ländern kauften den „Thürmer“ und so ging er auch nach Amerika, Süd- und Nordeuropa. Es gab viele Anregungen für neue Ausgaben, aber kaum Kritik.
2010 – 450. Todestag von Philipp Melanchthon
Sein Denkmal auf dem Marktplatz hatte 150jähriges Jubiläum. Wir erinnerten daran in der Zeitung und in einem Vortrag. In dem selben Jahr begannen die Sanierungsarbeiten der beiden Denkmäler auf dem Markt.
Durch einen Vortrag von Herrn Kober über Luther und die Musik, wurde die Musikgeschichte Wittenbergs in der Ausgabe 2011 beleuchtet.
Inzwischen hatten die Verkäufer gewechselt. Heimatfreunde Karin Lang und Herr Seidler verkauften sehr erfolgreich die Zeitung mit heimatgeschichtlichem Inhalt.
2012 – Schulwesen in unserer Stadt. Die Rosa-Luxemburg-Schule, in der Falkstraße, wurde zum neuen „Bildungszentrum Lindenfeld“ umgebaut.
Unser Heimatmitglied Dorothea Käufer, einst Lehrerin an dieser Schule, berichtete ausführlich über dieses Gebäude. Weitere Artikel über das Schulwesen u. a. von Dr. Lau folgten. Vor dem Verkauf der Ausgabe 2012 sagte mir Karin Lang, der Verkauf der Zeitung würde ein Flop. Nach dem Stadtfest kam sie freudestrahlend zu mir und erzählten, viele Gäste wohnten einst in unserer Stadt und durch die Zeitung wurden die Erinnerung an ihre Schulzeit wieder geweckt.
2013 – Napoleon und die Völkerschlacht bei Leipzig vor 200 Jahren.
Wo einst große Schlachten in der Nähe von Orten stattfanden, feierten die Bewohner dieses Jubiläum. Wittenberg war neben Torgau die größte Festung an der Elbe. Hier marschierten Napoleontruppen von Frankreich nach Norden, besetzten die Stadt und die Bevölkerung litt große Not. Am 13. Januar 1814 erstürmten die Preußen auf der Nordwestseite die Festung und befreiten sie von den französischen Truppen.
200 Jahre später – im Januar 2014
Der Heimatverein und Verein Bürger und Soldaten 1813 mit deren Freunden aus Leipzig schilderten an historischer Stellte, am Casinoberg, hinter dem Hotel „Alten Canzley“, die Schlacht um Wittenberg. Auch dieses Geschehen wurde in der Heimatzeitung in zwei Ausgaben veröffentlicht.
Auf der Titelseite der Ausgabe 2015 ist das Hamlethaus (heute Volks- und Reifeisenbank), Collegienstraße 12/13 zu sehen, nähere Informationen folgten in der Innenseite, weiterhin etwas über die Straßenbeleuchtung in der Altstadt und den Sport, den Dr. Martin Luther ausübte.
Zur Zeit bereitet sich unsere Stadt auf das 500. Jubiläum des Thesenanschlags 2017 vor. Viele Gebäude, Stadtkirche, Schlosskirche wurden saniert und Neues z. B. das Empfangsgebäude vom Melanchthonhaus oder das Stadthaus mit der Historischen Stadtinformation, entstanden.
An der Ecke Juristen-/Mauerstraße wurde ein altes Gebäude nicht abgerissen, sondern herausgeputzt. Über eine der Türen ist zu lesen: „Kranken.Haus erbauet 1884“ . Welche Geschichte steckt dahinter? Nachzulesen in der Ausgabe 2016.
Ein Vortrag vom Arzt Dr. Seifert über die Krankheiten von Dr. Martin Luther. Das Gehörte war so interessant. Auf Bitten überarbeitete er einen Artikel, der bestimmt vielen Lesern in Erstauen versetzen wird.
Der letzte „Thürmer“ erscheint 2017. Dann sind 20 Ausgaben erschienen. Auch dieses Exemplar beinhaltet interessante Themen, 700 Jahre Stadtverwaltung, Grundsteinlegung des Denkmals für den Reformator Dr. Martin Luther und auch den Weltuntergang, den der Pfarrer Michael Stiefel aus Annaburg vorher berechnet hatte – Änderungen sind jedoch noch möglich.
Der Erlös der Heimatzeitung wird von unseren Verein für bestimmte gemeinnützige Zwecke, z. B. für die Sicherung der Grabdenkmäler an der Stadtkirche, für die Türmerwohnung und jüngst für die Reparatur der Turmuhr der Stadtkirche „St. Marien“ gespendet.
Zum Schluss möchte ich allen Autoren, Heimatforschern, Heimatmitgliedern und Personen, die das Vorhaben bei der Erstellung, Überarbeitung der Texte, Bereitstellung von Bildmaterialien und beim Verkauf unterstützt haben, und vor allen den Lesern meinen Dank sagen.
Jedenfalls setzt der Heimatverein Lutherstadt Wittenberg und Umgebung e. V. seine Vorträge, Exkursionen und Wanderungen fort. Weitere Veröffentlichungen von Heimatgeschichtlichem und Wissenswertem folgen auf alle Fälle.
Liebe Leser, vielleicht haben Sie Lust bekommen, sich bei einzelnen Themen einzubringen bzw. mitzuarbeiten. Besuchen Sie uns mittwochs im Büro des Heimatvereins oder im Internet. Das Büro befindet sich im Bugenhagenhaus, Kirchplatz 9 oder Sie besuchen eine unserer Veranstaltungen.. Vielleicht gefällt es Ihnen!
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Dietrich Schubert