Das eigentliche Frühlingsfest ist das Pfingstfest, das daher auch besonders fröhlich begangen wird. Allgemein verbreitet ist der Brauch, an diesem Feste grüne Birken – Pfingstmaien – vor die Tür oder ins Zimmer zu stellen. Auch richtet man auf dem Dorfplatz einen solchen „Maibaum“ auf, der alle anderen an Größe überragt und mit bunten Bändern, Kränzen, Bildern usw. geschmückt ist.
An manchen Orten wird das „Pfingstgelag“ abgehalten, in Thüringen auch Pfingstbier oder Quaas genannt. Am Pfingstsonnabend setzen die jungen Burschen ihrem Mädchen eine Pfingstmaie, die oft mit bunten Bändern geziert ist. Am zweiten Pfingsttage werden die Mädchen zum Pfingsttanz abgeholt, der vielfach auf einem freien mit Maien geschmückten Platz stattfindet, und wobei früher jeder Teilnehmer gegen sein Eintrittsgeld Freibier erhielt. Mädchen von schlechtem Rufe setzte man einen verdorrten Maibaum, an dem ein Strohmann befestigt war, vor die Tür, was die Folge hatte, daß die damit Bedachte beim Pfingsttanze keinen Tänzer bekam.
Früher herrschte in der Pfingstnacht oft recht ausgelassenes Treiben. Mit Axt, Spaten und Hammer bewaffnet zogen die jungen Burschen geheimnisvoll von Hof zu Hof, um den Freunden den Maibaum zu setzen oder der Liebsten den Maibusch an das Kammersenster zu nageln, Mißliebigen aber einen Streich zu spielen. So lockerte man dem geizigen Bauer die Räder am Wagen oder schaffte diesen gar auf das Scheunendach. Das sittenlose Mädchen bedachte man mit einem Dornbusch, bestrich ihr Kammerfenster mit Teer oder Pech oder setzte einen Strohmann davor, während man der Schlumpigen Sägemehl vor die Tür streute.
„Geputzt wie ein Pfingstochse“, ist eine weitverbreitete Redensart, mit der man einen auffällig gekleideten Menschen bezeichnet. Sie rührt wohl daher, daß man früher am Pfingstfest die Kühe zum ersten Male auf die Weide trieb, wobei der Leitstier mit Kranz und bunten Bändern geschmückt wurde.
In Norddeutschland herrschte die Sitte, am Pfingstfest die Maibraut oder Pfingstbraut zu wählen, wozu man das schönste Mädchen aus dem Ort erkor. Neben ihr stand oft auch ein Bräutigam. Das Paar bezeichnete man als Maikönig und Maikönigin oder Pfingstkönig und Pfingstkönigin.
Auch in den Pfingstbräuchen finden wir wieder den Anklang an das germanische Heidentum. Die Pfingstmaie erinnert an die Verehrung der Baumgeister. Die Maigöttin Maia wurde durch das Christentum zur Mutter Maria, die in den Maiandachten ihre Feier erhielt, und das der Göttin gebrachte Trankopfer lebt im Maiwein und Maitrank fort, während der dem Lichtgott Baldur geopferte Stier zum Pfingstochsen wurde.
Auch das Laubmännchen (Ruhla),
der grüne Mann (Kirchheilingen),
der Graskönig (Vargula) und der
Sommergewinn (Eisenach) sind solche Überreste.
Richard Erfurth †
aus „Unser Heimatland“ vom 30.05.1936