Die Pfingstmaien

1929.05.18. Unser Heimatland

Wenn sich die Birke in Deutschland auch nicht einer solchen Verehrung erfreut, wie bei den nordischen Völkern, mit dem Pfingstfest „dem lieblichen Feste der Maien“ ist sie doch auf das Innigste verknüpft. Noch aus heidnischen Zeit rührt die Sitte, einen Maibaum aus dem aus der Walde zu holen und ihn im Dorfe aufzupflanzen. Vergebens haben Bonifazius, Ludgerus u. a. dagegen geeifert, vergebens sind späterhin in Süddeutschland von den Fürsten Strenge Verordnungen dagegen erschienen, aber die Sitte besteht noch heute. Aber in den Maibäumen ist an vielen Orten ein Wechsel eingetreten. In früherer Zeit war es meist eine hohe, schlanke Tanne, deren Gipfeläste stehen blieben, während man den Stamm glatt abschälte, die von den jungen Burschen im Dorfe aufgerichtet wurde. Die Krone wurde mit Bändern geschmückt, die demjenigen Burschen als Preis zufielen, der den glatten Stamm bis zum Wipfel erkletterte. Die Kletterstangen auf Volks- und Kinderfesten erinnern heute noch an diese Sitte.

In der Gegenwart hat die liebliche Birke die ernste Tanne als Maibaum verdrängt, und sie führt deshalb auch den Namen „Maie“. Ihre maigrünen Zweige schmücken am Pfingstfeste Häuser und Kirchen. Sie sind zugleich die Zeichen eines freundlichen Grußes und festlichen Empfangs für den Frühling, der nun endlich mit all seiner Pracht bei uns eingekehrt ist. Vor manchen Häusern erhebt sich ein hoher, schlanker Maibaum. Es ist das Haus, in dem ein blühendes Mädchen wohnt, deren treuer Verehrer die Birke stellte, dem Mädchen zur Freude und als Auszeichnung vor allen anderen.

     An diese Sitte erinnert der Dichter Hoffmann von
Fallersleben wenn er in seinem Wanderliede singt:

Morgen müssen wir verreisen,
und es muß geschieden sein.
Traurig ziehn wir uns’re Straße;
lebe wuhl, gedenke mein!
Uebers Jahr, zur Zeit der Pfingsten,
pflanz ich Maien dir vors Haus,
bringe dir aus weiter Ferne
einen frischen Blumenstrauß.

     Mit dem Volksglauben ist die Birke wenig verknüpft.
Doch legt man in manchen Gegenden Deutschlands Birkenzweige auf den Flachs, damit dieser besser röste. In der Walpurgisnacht
(1. Mai) nagelte man Birkenruten an die Tür, um die zum Blocksberg reitenden Hexen zu verscheuchen. War der Kohl voll Raupen,
so nahm man einige Birkenzweige, umging damit das Kohlstück dreimal und rief:

Raupen, packt euch,
Der Mond geht weg,
Die Sonne kommt! 

Die Raupen sollten hierauf vom Kohl verschwinden.
Wenn in Niederbayern die Kühe im Frühjahr zum ersten
Male ausgetrieben werden, so treibt man sie mit einem Busch
aus Birkenzweigen vom Hofe, denn die Birke deutet auf
Gesundheit und Fruchtbarkeit.