Mit Brandbriefen von Ort zu Ort

Mit Brandbriefen von Ort zu Ort

Die Erzeugung des Reibefeuers trennte den Menschen
endgültig vom Tierreich.
Sie gab ihm die Herrschaft über eine Naturkraft.
Mit der weiteren Nutzbarmachung und Erforschung drangen
die Menschen immer weiter in die Naturgesetze ein.
Oft brachte jedoch die entfesselte Naturkraft Feuer aber auch Vernichtung und Unheil. Jahrhunderte lang wurden

Wittenberger Feuerwehr 1902
aus: Archiv HV WB

die Menschen durch Mystik und Aberglauben gehindert, ihr Hab und Gut, aber auch
ihr Leben vor den Bränden zu schützen.
Lange Zeit wurde das Feuer als Gottesstrafe hingestellt und dessen Bekämpfung als Sünde erklärt.

Erst das aufstrebende Bürgertum veranlaßte praktische
und vernünftige Regelungen für die Brandbekämpfung.
Die Stadträte erließen Feuerordnungen, um die Ausbreitung
der Brände auf die ganze Stadt oder Stadtteile zu verhindern. Kerzen und Öllampen waren häufig die Ursache für Brandentstehungen, ebenso wie die Arten der Beheizung
der Häuser. Durch die enge Bauweise in den Straßen und
Gassennwurde eine Brandausweitung geradezu begünstigt.

In den Jahren 1672 und 1719 wurde auch die Stadt Zahna das
Opfer von Großbränden. 41 Bürger wurden bei dem Brand von 1672 obdachlos und zogen mit vom Rat der Stadt Zahna ausgestellten Brandbriefen von Ort zu Ort, um Geld für den Lebensunterhalt und für einen eventuellen Neubau zu sammeln.
Die Brandbriefe galten als Ausweis dafür, daß das Haus des
Inhabers abgebrannt und er selbst obdachlos war.
Nach dem Erhalt eines „Ortsgeschenks“ in den Städten,
meistens 2 Groschen, mußten die Leute weiterziehen;
seßhaft werden konnten sie nirgends.

Die im 18. Jahrhundert durch die Städte erlassenen Feuerordnungen enthielten Grundsätze, die auch für uns
in der heutigen Zeit noch Aktualität besitzen.
Eine sächsische Feuerordnung von 1775 stellt unter
anderem folgende Forderungen:
„Jeder Besitzer eines Gutes oder Hauses ist schuldig,
eine hölzerne Handspritze, eine tüchtige Laterne,
wenigstens einen tüchtigen ledernen Eimer,
verschiedene 2, 3, 4 bis 12 Ellen lange Stange… sich anzuschaffen…“
(aus: Geschichte der Feuerwehr im Museum für Geschichte der Stadt Dresden, Dresden 1977).
Merkwürdig mag es dagegen anmuten, wenn man erfährt,
daß es Frauen in einigen Städten verboten war,
an der Brandstelle zu erscheinen, um eine Panik zu vermeiden.

In der DDR ist es keineswegs üblich, Frauen vom Brandschutz fernzuhalten. In den meisten Freiwilligen Feuerwehren der
DDR stehen Frauen beim vorbeugenden Brandschutz und auch
bei der Brandbekämpfung ihren Mann.

Lobmeier/Tiede
aus: „Freiheit“ 19.04 1980