Entwicklung der Produktionsarbeiter im Kreis Wittenberg
Einwohner: 1841 1905 1913
Wittenberg 11667 20332 23074
Kleinwittenberg 1107 2074 2140
Piesteritz 140 1903 2670
Fabrikarbeiter: 1890 1900 1910
500 1200 5000
Beispiele für die Entwicklung der Industrie
- 1803 – Fa. Germann (Mechaniker) in Schmiedeberg (Maschinenfabrik und Eisengießerei) Vorläufervon Wetzig (Nagema) ab 1871 in Wittenberg.
Dieser Betrieb erhielt 1869 auf der Deutschen Industrieausstellung eine Goldmedaille für einen Bohnenschneider. - 1822 – Fa. Bourzutschky (Spritfabrik) Collegienstr. 90
- 1822 – Fa. Bickel, Juristenstraße (VEB Papierverarbeitung)
1825 Tuchfabrik Thamm in Labetz - von 1870-1889 entstanden 8 neue Fabriken,
- von 1902 – 1909 12 weitere Fabriken
- bis 1913 konnte der Bedarf aus den umliegenden Dörfern
und dem Stadtgebiet gedeckt werden, - ab 1915 – 1937 Neuansiedlung aus „Notstandsgebieten“
(Rhön, Vogtland, Thüringen, Rheinland u. Bayern), - ab 1915 entstanden Zentren der Aufrüstungsindustrie in Wittenberg
Wasag mit 9310 Beschäftigten
Stickstoffwerke mit 5215 Beschäftigten
Munitionsanstalt mit 1085 Beschäftigten
ARADO (1939) mit 2432 Beschäftigten
Bei der Entwicklung Wittenbergs nach der Entfestigung
1873 – 1883 dem Aufbau der Industrie, insbesondere der großen Rüstungsbetriebe und deren Arbeiter- und privaten Wohnsiedlungen, gingen viele landwirtschaftlichen Nutzflächen und damit auch Existenzgrundlagen zeitweilig verloren.
Es entstanden:
- viele Eigenheime ehemaliger Landarbeiter mit großen Gärten und landwirtschaftlichen Kleinflächen
- „Produktionsarbeiterreserven“ für die Betriebe, ein Typ von Arbeitern im Kreis, der weniger revolutionär eingestellt war,
- Diese Arbeiter hatten oftmal günstigere Arbeitsbedingungen,
andere Lebensbedingungen als ihre Kollegen, bessere Fortkommensbedingungen und bessere Berufschancen für ihre Kinder, als die neuangesiedelten Arbeiter aus Notstandsgebieten. - Sie begnügten sich meist mit angelernten Tätigkeiten, da sie zusätzliche Einnahmen aus Mieten und „Hauswirtschaften“ hatten. Es entstand das typische Wittenberger „Rucksackbauerntum“.
aus: Wittenberger Bürgergeschichten
Dr. Wolfgang Senst †