Der Kuckuck

Der Kuckuck

 

Der Kuckuck als Frühlings- und Oster-Vogel der Deutschen.
Von unseren Vorfahren, den alten Germanen, berichtet der Römer Tacitus in seiner „Germania“, Kap. 10, wie sie gar sehr auf den Ruf und Flug der Vögel achten als „Vorzeichen“ deuten.
So ist dies auch den um 1150 bei Wittenberg und Jüterbog angesiedelten Flämingern als Germanen eigen, die von je eine besondere Liebe zu den Tieren, besonders zu dem Pferd bezeugten, und bis heute noch in Brauch und Sitte der Fläminger die Jahrhunderte hindurch erhalten geblieben. Ganz besonders für die „Hochzeiten“ des Jahreslaufes beweist es eine große Zahl sehr alter Bauernregeln, dass sie sorgsam wie vor Jahrhunderten, so auch heute noch achtgeben auf den Ruf und Flug der Vögel in Ihrem engen Zusammenleben mit der Natur bei ihrer großen Arbeit, für alle ihre Festfeiern und für alle großen Begebenheiten, die ihr Volk angehen.
Wie der Hahn der Weihnachts-Vogel für die Fläminger ist, so ist ihm der Kuckuck, der, wie Storch und Schwalbe, „den Frühling bringt“, der Oster-Vogel. Und wie der Hahn, so wurde darum auch der Kuckuck als Stimme in die alten Orgeln eingebaut, und so erklang dann zu Ostern in der Kirche für die feiernde Gemeinde auch der Kuckucksruf.
Wir sind heute zum großen Teil, besonders die Bewohner der Großstädte, leider dem Naturleben so entfremdet, dass sich viele heute kaum noch das wunderbare Leben und Werben in der Natur recht vorstellen können.
Den alten Germanen, deren Wohnstellen dicht bei dem heutigen Blönsdorf durch die im Herbst vorigen Jahres vorgenommene Ausgrabung Wieder festgestellt sind, wie zuvor auf unserer Heimatflur der Germanen-Friedhof beim Pflügen das Ackers aufgefunden wurde und zahlreiche Urnen mit den Ascheresten und den Beigaben von Eisen geborgen wurden, waren Baum und Strauch und Tier rings auch umher beseelte Wesen. So erleben sie auch Freud und Leid und beachten noch ein ganz anderes als wir heute den Ruf jedes den Ruf jedes einzelnen Vogels und den Zug der Vogelscharen.
Welche Wonne für sie, wenn in dem großen Waldesdom, ihren „heiligen Hain“ mit dem heiligen „Born“ oder „Spring“ als der Stätte ihrer Gottesverehrung der erste Kuckucksruf erklingt nach des Winters trüber und schwerer Zeit den Frühling verkündend, wenn in den dichten Schlehendorn und Wildrosenbüschen, die, allenthalben vom Brombeer- gerank durchwuchert, rings als breite Hecke den heiligen Hain umfrieden, wieder der Vögel froher Sang erschallt.

Drum klingt es wie heller Jubel bei den ersten Kuckucksruf durch das Volk, wie es in den schönen alten Volksliedern zum Ausdruck kommt:

„Der Kuckuck in seinem Schreien
Macht fröhlich jedermann,
Des abends fröhlich reihen
Die Maidlein wohlgetan,
Spazieren zu den Brunnen,
Bekränzen sie zur Zeit,
All Volk sucht Freud und Blumen,
Mit Reisen fern und weit.“

Wie der Kuckuck auch in Schillers „Tell“ als der Frühlingsvogel erscheint und als der Verkünder der Auferstehung in der Natur und in den Gesang der Hirten:

„Wir fahren zum Berg, wir kommen wieder,
Wenn der Kuckuck ruft, wenn erwachen die Lieder,
Wenn mit Blumen die Erde sich kleidet neu,
Wenn die Brünnlein fließen im lieblichen Mai.“

In den alten Rechtsformen bezeichnet die Bestimmung:
„Bis zu St. Walpurge (1. Mai), dass der Gauch gauchzet“ geradezu den Frühlingsanfang. Und noch heute spricht man im Volke von einem Kranken, der voraussichtlich den Frühling nicht mehr erleben wird: „Er wird den Kuckuck nicht mehr rufen hören!“
Im Niederdeutschen wird der erste Sonntag nach Ostern noch heute der „Kuckucks-Sonntag“ genannt, wie er sonst auch als „Klein-Ostern“ bezeichnet wird.
Es verdient noch erwähnt zu werden, dass der große Meister der Tonkunst Johann Sebastian Bach eine ganze Kuckucks-Fuge schuf.

Otto Bölke –
gekürzt von Elke Hurdelbrink
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aus: „Blätter für Heimatgeschichte“ (Nr. 5 Jahrgang 1934).

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