Erinnerungstafel an ein schreckliches Jahr in Zahna

In einer Parkanlage der Stadt Herzberg steht ein etwa 1 m hoher Stein, dessen Vorderseite folgende Inschrift trägt

„Wer dreymal diesen Stein umwallt, wird ueber hundert Jahre alt“ (umwallt — umgeht ).

Die Rückseite zeigt ebenfalls eine Inschrift, die sich aber bei normaler Leseweise erklären noch übersetzen lässt.

 

„T. B. REDRE VSSA PS. NEDTS. BLES H. CISOS D. NU T. B. RETS REWRO v. TH.CIN RESL LA FRUNHCO D.“

Liest man jedoch diese Zeilen von hinten, gibt sich daraus die Fortsetzung des Textes der Vorderseite:

„Doch nur falls er nicht vorher sterbt und so sich selbst den Spass verderbt.“

Außerdem befindet sich auf dem Stein die Jahreszahl 1506.
Obwohl das tatsächliche Alter des Steines sehr umstritten ist, erinnert er an eines der vielen Pestjahre, die Wittenberg und natürlich auch andere Städte und Dörfer durchmachen mussten. 1506 wurde die Universität Wittenberg in das als pestsicher geltende Herzberg verlegt.
Studenten sollen diesen Stein gesetzt haben.
Weitere Pestjahre folgten, so 1516, 1527, 1536, 1552, um nur einige zu nennen.
Die Universität wurde mehrfach verlegt.
– Jena,
– Schlieben und
– Torgau
waren kurzzeitig Universitätsstädte.
Mit der Universität verließen die meisten Professoren und Studenten, aber auch reiche Bürger die Stadt, über die Zahl der Opfer gibt es im 16. Jahrhundert nur wenige Angaben.
In einem Brief vom 15. September 1521 , heißt es:
„… Also das nochmals stetigs eyn tag, außwendig und in der Stadt II III IIII V Sechse auch etlich malh VII leychen gewesen seynt… einen VIII Kinder und nhur ein volwachsen Menschen. …“
Ob dabei nur die Pesttoten gezählt worden sind zweifelt der Scheiber allerdings selbst an.
Immerhin zählte das Jahr 1527 zu den schlimmen Pestjahren in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Auch in den Städten und Dörfern des Kreises grassierte immer wieder die Pest. Berichte darüber gibt es nur. wenige.
Von Pratau heißt es einmal, dass alleine im Richterhaus
„5/adir (oder) 6  gestorben“ waren (Okt./ Nov: 1527).
Erst im Jahrhundert des 30jährigen Krieges gibt es über die Opfer der Pestepidemien genauere Zahlen.
Doch bleiben wir im 16. Jahrhundert.
In einer Chronik kann man lesen, dass Pretzsch 1583 bis 1585 von der Pest heimgesucht wurde.
1583, starben. daran 113, 1585 noch 64 Personen.
In Zahna war 1584 die Zahl der Opfer, sehr hoch.
Der Friedhof um die Kirche reichte nicht mehr aus.
Eine neue Begräbnisstätte wurde auf einer kleinen Anhöhe draußen vor dem Elstertor geschaffen.
Am linken Torpfeiler des noch heute genutzten Friedhofes erinnert eine Sandsteintafel an das schreckliche Jahr.
ANNO DOMINI MDLXXXIIII SINT IM GROSEN — STERBEN VBER FÜNFHUNDERT BEGRABEN WORDEN — DARUMB AVFS FOLGENDE IAR 15 ANNO 85 IST DIESER — GOTTES ACKER EROFFNET DA DISE MAVER AVCH — ANGEFANGEN WORDEN.
M. OSWALDVS VOGELVS PFARHER — THOMAS RENART GALLVS MEINHART
SIEGMVND — RICHTER KASEN¬HERN

Günther Göricke †

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aus: Freiheit vom Januar 1983