Gräber in der Dübener Heide I

„Seht hier den großen Sünder aus Schweden“.
Diese Worte stehen auf einer Tafel am Hause Markt 10 in Kemberg. Sie soll der schwedische König Gustav Adolf gesprochen haben, als er in den ersten Tagen des Septembers 1631 in Kemberg Quartier nahm.
Zur gleichen Zeit wälzte sich ein Heer mit 14 700 Reitern, 12 800 Mann zu Fuß, 55 Kanonen, Munitions- und Bagagewagen durch die Dübener Heide.
In Düben erinnerte an der Ecke des Friedhofes ein Gedenkstein an das Zusammentreffen Gustav Adolfs mit dem sächsischen Kurfürsten Johann Georg, der mit einem Heer von rund 20 000 Mann dort angekommen war. Auf der Burg Düben hielten sie gemeinsam mit dem Kurfürsten von Brandenburg Kriegsrat.
Am 7. September kam es zur Schlacht gegen die Truppen des kaiserlichen Feldherrn Tilly bei Breitenfeld, die mit einem Sieg der protestantischen Heere endete.
Die Bevölkerung der Dübener Heide dürfte in jenen Tagen den Vorgeschmack davon bekommen haben, was ihr in dem nicht enden wollenden Krieg noch blühen sollte.
Gustav Adolf fiel 1632 bei Lützen.
Der sächsische Kurfürst löste 1635 das Bündnis mit den Schweden. In der Folge fielen die Schweden 1637 in Sachsen ein und verwüsteten das Land.
Hinzu kamen Hunger und Seuchen. Diese Jahre brachten die größte Katastrophe, die je über unsere Heimat kam.
An diese schlimmen Zeiten erinnern in der Dübener Heide noch heute einige Gräber.
Etwa 2,5 km südlich vom Heidegasthaus Oppin liegt an der alten Straße nach Düben (F 2) an der Wegekreuzung Reinharz/ Schköna, von einem niedrigen Zaun umgeben, ein Grab.
Die geschnitzte Tafel trägt die Inschrift:

Bertagrab,
Berta aus Gommlo, ermordet am 5. 9. 1637.
Schmückt das Grab dieser Unschuldigen.

 

Geht man auf dem Weg in Richtung Schköna (Ankerweg), so erreicht man nach etwa 500 m das sogenannte Reitergrab, das nur aus einem Hügel aus Steinen besteht.
Die Sage berichtet über beide Gräber:
Ein in Gommlo ansässiges Mädchen Berta war mit ihrer kranken Mutter vor marodierenden Reitertrupps der Schweden in die dichten Wälder der Heide geflohen.
Bei der Suche nach einer Quelle wurde Berta von einem Reiter entdeckt, der ihr tödliche Schwerthiebe versetzte und sie dann beraubte.
Einige Zeit danach fand sie ihr Bruder, dem sie gerade noch über das Geschehen berichten konnte.
Auf der Suche nach der kranken Mutter stieß der Bruder auf ein gestürztes Pferd, unter dem ein Reiter mit gebrochenem Arm lag. Dieser bat den Burschen, ihn aus seiner Lage zu befreien und bot ihm dafür einen Ring.
In diesem erkannte aber der Bursche den Ring seiner Schwester und wusste, dass er ihren Mörder vor sich hatte.
Mit seiner Axt erschlug er den Reiter und rächte so den Mord an Berta.
Die Sage wird auch in anderen Formen erzählt.
Fast alle legen aber den Vorgang in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges.
Auch das Jahr 1631, in dem in den ersten Septembertagen das große Schwedenheer die Heide durchzog, wird genannt.
In allen Erzählweisen heißt es aber zum Schluss, dass es Brauch sei, auf das Grab der Berta grüne Zweige zu legen, während auf das Reitergrab ein Stein geworfen wird.
Im Laufe der Zeit entstand über dem Grab des Reiters ein ansehnlicher Steinhügel.
Bis vor einigen Jahren war auch am Reitergrab eine schöne geschnitzte Tafel aufgestellt.
Die Inschrift lautete:

Reitergrab,
Bertas Mörder fand den Tod
am 5. 9. 1637.
Werft einen Stein auf den Mörder.

 

 

Sollte man nicht hier auch wieder eine Tafel aufstellen?

Günter Göricke †

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aus: Freiheit vom September 1982