Ein Wasser wie im Jahr 1920

Im Jahr 1920 wurde in Wittenberg ein Wasserstand von 6,20 m gemessen – Was „Pegel“ zu bedeuten hat

Das Jahr 1981 wird als markantes Hochwasserjahr in die Geschichte eingehen.
Nur kurzzeitig waren in den Monaten Juni und Juli die Buh­nen sichtbar, d. h., nur in diesem Zeitraum stellte sich ein Wasserstand, der unter dem Jahresmittelwert liegt, ein.
In puncto Hochwasser hat sich das Jahr 1982 gleich gut eingeführt, denn am 11. Januar zeigte der Elbe­pegel mit 5,86 m gleich 9 cm mehr als der höchste Wasserstand 1981 an.
Im Monat Januar war in diesem Jahrhundert nur am 19. Januar 1920 ein höherer Wasserstand mit 6,14 m zu verzeichnen.
Fast täglich kann sich der interes­sierte Leser unserer Tageszeitung über die Wasserstände der Elbe un­terrichten. Dabei ist der abgedruckte Wasserstand allerdings nicht ganz ak­tuell, denn der gegebene Pegelwert ist der des Vortages, während der Klammerwert die Veränderung wei­terer 24 Stunden rückwirkend an­gibt.
Wer nun den aktuellsten Stand wissen oder dienstlich wissen muss, hat die Möglichkeit, über Radio DDR I täglich 7.57 Uhr oder ganz ausführlich 11.55 Uhr Informationen zu bekommen.
Für die Schifffahrt ist zusätzlich die Tauchtiefe von großer Wichtigkeit.
Unter Tauchtiefe ist in der DDR der größtzulässige Tiefgang (Abladetiefe) / eines Schiffes zu verstehen.
Während in Magdeburg schon seit 1727 Auf­zeichnungen über die jeweiligen Was­serstände der Elbe vorliegen, nutzte man in Dresden ab 1776 den soge­nannten „Elbmesser“, um vergleich­bare Werte zu erzielen.
Die Bezeich­nung „Pegel“ wurde jedoch erst 1810 eingeführt und seit diesem Zeitpunkt wurden auch regelmäßige Wasserstandsbeobachtungen an der Elbe or­ganisiert.

Die in der „Freiheit“ angegebenen Wasserstände haben aber nur für den Eingeweihten Aussagekraft, denn der Pegelnullpunkt ist ein willkürlich festgelegter Punkt und Rückschlüsse auf andere Orte lassen sich kaum zie­hen.
Der Pegelnullpunkt in Witten­berg liegt bei 62,437 m über dem Meeresspiegel. Ursprünglich war er bei 63,437 m festgelegt, aber die be­reits beschrie­benen „trockenen Jahre“ brachten Wasserstände von 0 bzw. 2 cm am Wittenberger Pegel.
Demnach wäre kurzzeitig 1952 ein Wasserstand von -6 cm aufgetreten.
Um diese nega­tiven Wasserstände zu umgehen, wurde 1936 die Veränderung des Pe­gelnullpunktes vorgenommen.
Neben den Wasserstandsangaben hat der Pegelstand in Wittenberg noch eine weitere Bedeutung für die Schifffahrt.
Da die Brückenunterkante bei 9,82 m Wittenberger Pegel liegt, kann der Schiffsführer durch Sub­traktion des vorliegenden Pegelstan­des die lichte Durchfahrtshöhe auf den Zentimeter genau bestimmen. Daraus leiten sich wiederum be­stimmte Maßnahmen, wie Abbau der Ruderaufbauten, Umlegen der Masten usw. ab.

Das Wittenberger Pegelhaus steht unmittelbar unterhalb der Elbbrücke auf Pratauer Seite.

Wasserstand der Elbe

Am 15. Januar wurden uns fol­gende Wasserstände der Elbe gemeldet:
– Dresden 3,97 m (-1);
– Torgau 4,88 m (-26);
– Wittenberg 5,30 m (-12);
– Dessau 4,9.5 m (-33)

Karl Jüngel †

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aus: Freiheit vom 16.02.1982