Die Wiege des Wassersports lag in England, und zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der erste deutsche Ruderverein in Hamburg gegründet.
Nachdem sich 1876 in Berlin ebenfalls Wassersportler organisierten und gleiches in vielen größeren Städten folgte, dauerte es in Wittenberg bis 1904, bevor bemittelte und sportbegeisterte Persönlichkeiten am 12. November den „Ruderclub Wittenberg SV“ ins Leben riefen.
Die Vereinsfarben waren schwarz-gelb mit dem Wittenberger Stadtwappen.
Bereits Anfang 1905 zählte man 27 Mitglieder, die das notwendige Geld des Vereins durch Beiträge und Spenden selbst aufbringen mussten.
Als Bootsunterstand diente zunächst ein alter Schuppen am städtischen Hafen, den ein Mitglied zur Verfügung stellte (früher Baugeschäft E. Bethke, heute BHG).
Jedes Mitglied war verpflichtet, von Mai bis August mindestens achtmal zu rudern, ansonsten waren Strafgebühren zu entrichten wegen allzu großer Passivität.
Recht bald wurde die Frage nach einem zeitgemäßen Bootshaus gestellt und ein geeigneter Bauplatz gesucht, der dann unterhalb der Elbbrücke auf Pratauer Seite (Froschberg) gefunden wurde.
Die Wassersportbegeisterung stieg enorm, was durch die Zahl der Mitglieder und der zurückgelegten Jahreskilometer belegt ist (z. B. 1909 11 000 km).
Die erste in Wittenberg ausgetragene Ruderregatta fand 1908 statt und war ein Dauerrudern von Elster bis Kleinwittenberg, wobei der Ruderclub Wittenberg nach 66,09 Minuten den 2. Platz hinter einer Schönebecker Mannschaft belegte.
Die ersten sportlichen Erfolge auf größeren Regatten wurden 1921 im Vierer mit Steuermann errungen, denen in den Folgejahren weitere Siege auch auf großen Regatten, folgten.
Neben diesen sportlichen Höchstleistungen wurde auch das Wanderrudern sehr gepflegt und der Wittenberger Ruderclub stellte viele Mannschaften bei organisierten Wanderfahrten bis zur Donau, Werra, Weser und dem Rhein.
Ausgerechnet im 25. Jubiläumsjahr (die Mitgliederzahl betrug inzwischen 170) wurde der Rudersport durch den Bau des Muldensteiner Papierhafens stark behindert, wodurch der Club aber insgesamt keinen Schaden nahm und das Stiftungsfest in würdiger Form begangen wurde.
Seit 1906 bestand zunächst ein enger Kontakt zwischen dem Ruderclub Wittenberg und einem der beiden Gymnasialvereine Wittenbergs, GV Germania, wonach protokollarisch die Benutzung der Boote des Clubs durch die Schüler geregelt war.
Bedingung war, dass ein Clubmitglied die vereinseigenen Boote steuerte.
Als Bürgen für etwaige Beschädigungen an den Booten mussten der Gymnasialdirektor und dessen Stellvertreter dem Club gegenüber mit 300,— Mark haften.
Bootshaus des Ruderclubs Wittenberg unterhalb der Elbbrücke auf Pratauer Seite am einstigen Froschberg. Dieses Bootshaus wurde in den Jahren 1908 und 1909 erbaut und ist durch die Kriegseinwirkungen leider zerstört worden.
Karl Jüngel †
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aus: Freiheit vom April 1981