Prof. Dr. jur. Johann Schneidewein

Die heutige Gedenktafel führt uns wieder in die Schloßstraße zum Haus Nr. 4.
Dort wohnte zur Reformationszeit ein bedeutender Jurist, der Professor an der hiesigen Universität, Johann Schneidewein, auch Schneidewin genannt und latinisiert Schneidewinus.
Sein Bruder war ebenfalls ein angesehener Mann auf dem Gebiet der Rechtsprechung.

Schneidewein wurde 1519 in Stolberg geboren als 15. Kind seiner Eltern und gleichzeitig als jüngstes Kind.
Freunde sorgten dafür, daß seine Eltern den Knaben als Zehnjährigen nach Wittenberg gaben, wo er im Hause Martin Luthers und in der Familie des Reformators gut aufgehoben war.

Luther beobachtete die Entwicklung des Jünglings und riet, auf Grund seiner Beobachtungen, den Eltern, daß der junge Mann beizeiten heiratete, „damit er nun nicht möchte verführt werden“.
So kam es, daß Schneidewein schon mit 20 Jahren eine Wittenbergerin zur Frau nahm, die ihm im Laufe der nächsten Jahre 16 Kinder schenkte.
Viel zu früh reichte ihn der Tod, als er auf einer wichtigen Dienstreise in Zerbst war.

Dort hatte er entscheidend an der Lösung strittiger Rechtsfragen mitgewirkt.

Anfang Dezember 1568 war eine bittere Kälte, die ihn in der dortigen Unterkunft überraschte, so daß man den Gelehrten kurz vor der Abreise von Zerbst tot im Bett fand.
Am folgenden Tag wurde sein Leichnam nach Wittenberg übergeführt und am 6. Dezember in der Schloßkirche beigesetzt. Damit fand er, wie viele seiner Standesgenossen, in der Universitätskirche seine letzte Ruhestätte.

Innerhalb von 15 Jahren brache es Schneidewein zum Lizentiaten, ging dann als Kanzleirat nach Schwarzburg, um nach weiteren vier Jahren als ordentlicher Professor der Jurisprudenz und als solcher beider Rechte wieder nach Wittenberg zurückzukehren. Schneidewein wird von seinen Zeitgenossen als ein ruhiger Gelehrter geschildert, der seine weittragenden Entschlüsse ohne Übereilung abfaßte und Antworten aus seinem Fachgebiet nach gründlicher Überlegung formulierte.
Er hatte seinen Platz im Schöppenstuhl, wurde von der kursächsischen Regierung in Dresden bei wichtigen rechtlichen Entscheidungen hinzugezogen und genoß auch außerhalb Sachsens großes Ansehen.

Seine wissenschaftlichen Ausarbeitungen erlangten nicht zuletzt dadurch die große Wirksamkeit, weil er angeregt durch Melanchthon es meisterhaft verstand, Analyse und Synthese zu verbinden.
Seine Stellung als Professor für die Institutionen regte ihn an, ein Kommentar über die Institutionen zu erarbeiten.
Kurz vor der Vollendung dieses Werkes starb er.
Sein Nachfolger im Amt, der hervorragende Jurist dieses Zeitabschnittes, der Vlame Matthias Wesenbeck, der durch seine Restgutachten und andere wissenschaftliche Arbeiten hervortrat, gab dann Schneideweins Hauptwerk, den Kommentar über die Institutionen, heraus.
Dieses Werk war bahnbrechend, was nicht zuletzt darin seinen Ausdruck fand, daß es im Laufe von zwei Jahrhunderten eine Reihe von achtzig Auflagen erlebte.

Heinrich Kühne †

aus: Freiheit vom 16.06.1979

**********************************************************************

weitere Info, unter: Prof. Dr. jur. Johann Schneidewein