Die Gedenktafel am Haus Markt 4 erinnert an eine berühmte Gelehrtenfamilie, die eng mit der Geschichte der Wittenberger Universität verbunden ist.
Stammvater der Carpzovs war der Bürgermeister und Magister Simon Carpzov in der Neustadt von Brandenburg an der Havel.
Die Wittenberger Linie wurde durch Benedikt Carpzov begründet. Er war am 22. 10. 1565 in der Havelstadt geboren, studierte in Frankfurt/Oder und in Wittenberg, um anschließend weitere Hochschulen Deutschlands, kürzere Zeit aufzusuchen.
1590 erwarb er in Wittenberg den Doktorgrad in der juristischen Fakultät und wurde hier Professor.
Seine juristischen Fähigkeiten wurden am sächsischen Hof stark beachtet, deshalb erhielt er dort die Stelle eines Kanzlers und Appellationsrates.
Doch das Hofleben mit seinen Intrigen gefiel dem Juristen nicht, er ging nach Wittenberg zurück, „um Ruhe zu haben“.
Hier hatte er auch seine Familie wohnen gelassen, denn er war mit der Tochter des Apothekers Fluth verheiratet.
Anna Fluth starb nach neunjähriger Ehe bei der Entbindung des fünften Kindes im Kindbett.
Ihr Ehemann überlebte sie um 25 Jahre und verschied am 26. November 1624.
Als Familienwappen führten die Carpzovs einen von Blau und Silber geteilten Schild. Der obere Teil zeigt sieben Schilfkolben, während im unteren Teil ein rötlich-blauer Fisch im Wasser schwimmt.
Hier haben wir es mit einem sogenannten „redenden“ Wappen zu tun, denn der Fisch erinnert an einen Karpfen
(Karpen – niederdeutsch).
Von seiner Frau Anna wurden zwei Söhne geboren.
Der berühmteste hieß wie der Vater Benedikt, war ebenfalls Jurist. In Wittenberg geboren, reiste er als junger Mann durch Deutschland, Italien, Frankreich, die Niederlande bis nach England und stieg als Professor in Leipzig und wichtigster Mann im dortigen Schöffenstuhl auf der langen Stufenleiter der Titel bis zum Mitglied des Ober-Hof-Gerichts, dann zum kurfürstlichen Rat, als Assistent am Appellationsgericht bis zum Hofrat und Geheimen Rat zu Dresden. Er verfasste viele juristische Schriften, die maßgeblich für die weiteren Rechtsprechungen wurden.
Er verstarb zu Leipzig -1666.
Auch sein Bruder Johannes blieb in Leipzig als Professor der Theologie und Pfarrer an der dortigen Thomaskirche.
Andere Glieder und Nachkommen des Wittenberger Juristen und Stammvaters der Gelehrten waren neben Juristen und Theologen auch Orientalisten, Ratsherren und Baumeister.
Fast alle hatten wichtige Ämter inne und korrespondierten mit den berühmtesten Gelehrten ihrer Zeit, so Friedrich Benedikt, der in einem Leipziger Verlag einheiratete und fortschrittliche Schriftsteller förderte.
Ein anderer wiederum war juristischer Professor in Wittenberg, ging dann als Kanzler und Geheimer Rat zum Erzbischof nach Magdeburg, wo er im Alter von 65 Jahren 1658 verstarb.
Man könnte auch noch einen weiteren Juristen nennen, der als Unterhändler und Gesandter beim Friedensschluss zu Osnabrück 1649 und in Nürnberg als Regierungsbevollmächtigter tätig war.
Hier sollte einmal gezeigt werden, wie die Universität Wittenberg weit über den Rahmen einer der üblichen Landesuniversitäten auch außerhalb der Reformationszeit wirkte und Männer heranbildete, die zu ihrer Zeit verantwortlich zu handeln wussten.
Heinrich Kühne †
aus: Freiheit vom 13.10.1979
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weitere Info, unter: Prof. Dr. jur. Benedikt Carpzov der Ältere
Benedikt Carpzov der Jüngere