Geschichte der Wittenberger Loge „Zum treuen Verein“

aus: Archiv des HV WB

Niemand soll und wird es schauen,
was einander wir vertraut,
denn auf Schweigen und Vertrauen
ist der Tempel aufgebaut.
Goethe

 

Das Grundstück Berliner Straße 3 in Wittenbarg ist eng mit der Geschichte der St.Johannisloge „Zum treuen Verein“ zu Wittenberg verbunden.
Es i st deshalb unumgänglich, etwas über die Freimaurerei im allgemeinen und über die Wittenberger Loge zu erfahren.

  • Aus der Geschichte der Freimaurerei
Das Logengebäude um 1890
aus: Archiv des HV WB

Die äußeren Formen, das Brauchtum, das Ritual und die Symbole der Freimaurer gehen auf die Steinmetzbruderschaften und die Bauhütten des Mittelalters zurück.
Als der Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen (1486-1525) etwa von 1490 an das Wittenberger Schloß erbauen ließ, waren mehrere Bauhütten im Laufe der Jahrzehnte daran beteiligt.
Eine solche Bauhütte umfaßte die verschiedenen Hand­werksberufe vom Bau. Alle Beteiligten waren zur größten Verschwiegenheit verpflichtet, Abtrünnige wurden verfolgt und bestraft.
Aus dieser Gemeinschaft nahmen die Freimaurer neben der Verschwiegenheit viele Sonderformen des täglichen Umgangs. sei es bei der Arbeit, sei es in der Freizeit.
Der Name Freimaurer wurde aus dem englischen Wort
„freestone-Mason“ übernommen. Er war ein Baukünstler,
der den freistehenden Stein kunstvoll zu bearbeiten verstand. Erstmalig tauchte dieser Name in einer Londoner Urkunde vom
9. August 1376 auf, während der ähnliche Begriff „Lodge“ bereits 1278 in England nachzuweisen ist. In Deutschland wurde daraus die „Loge“, womit man früher die Bauhütte bezeichnete, wo ein Gebäude für die Mitarbeiter vorhanden war, das gleichzeitig Unterkunft, Werkstatt und Versammlungsraum darstellte. In den Bauhütten waren bestimmte Erkennungszeichen üblich, die nur die Eingeweihten kannten:
Wörter, Handgriff, Zeichen.
Diese wurden in veränderter Form auch von den Freimaurern übernommen. So trug beispielsweise mein Geschichtslehrer als Bierzipfel (Anhänger an der Taschenuhr) ein auf der Spitze stehendes Viereck, darin waren Zirkel, Winkelmaß u.a. zu erkennen. Wie ich später feststellen konnte, war er seit 1914 Mitglied der Wittenberger Loge „Zum treuen Verein“.
Im 17. Jahrhundert hörten die Großaufträge für Dombauten und ähnliche Gebäude auf. Nun kamen Adlige, Offiziere, Ärzte, Schriftsteller und andere Männer zu den Logen. Sie hatten keine handwerkliche Ausbildung gehabt und wurde als angeschlossene Maurer angesehen. Da die Bauhütten-Logen als Hauptaufgabe die Versorgung von Hilfsbedürftigen aus ihren Reihen ansahen, waren sie nicht abgeneigt, diese neuen Mitglieder aufzunehmen. Sie brachten erhebliche Geldmittel mit, die für die alte Stammanschaft vorteilhaft ausgenutzt wurden.
Nachdem die Bauhütte als Institution wegfiel, wurde die Loge ein Sammelbecken für Männer, die besonders in der Zeit der Aufklärung sich zusammenfanden. Gleichheit und Brüderlichkeit statt Inquisition und Bevormundung durch die Kirche.
Alles Trennende in gesellschaftlicher Hinsicht sollte fortfallen, man entzog sich dem politischen Zugriff dieser Zeit, gab Glaubensfreiheit statt Zuangsreligion,
kurz: man war für Menschenrechte und Toleranz.
Freimaurer wurden, um nur eine kleine Auswahl zu zeigen, u.a.:
–  Friedrich II., Goethe,
– Herder,
– Wieland,
– der Herzog Karl August von Weimar,
– Fichte,
– Matthias Claudius,
– Minister Stein,
– Staatskanzler Freiherr von Hardenberg,
– Scharnhorst,
– Gneisenau,
-Blücher,
-Alfred Brehm,
– Adalbert von Chamisso,
– Lessing,
– Lortzing,
– Mozart
und in den letzten Jahrzehnten:
– Carl von Ossietzky,
– Stresemann,
– Tucholsky,
– Charles Lindbergh,
– Wilhelm Leuschner,
– Clark Gable,
– Churchill
– Benesch
Der Schutzpatron der Maurer war Johannis, daher gab es viele Johannis-Logen, auch die Wittenberger gehörte zu dieser Gruppe. Die Logen übernahmen auch die Begriffe, wie Meister (Meister vom Stuhl, Gesellen und Lehrlinge von den Handwerkern).
Die erste deutsche Loge wurde in Hamburg am 7. Dezember 1737 gegründet. Fünf junge Männer waren schon Freimaurer in Frankreich und England gewesen, das waren die Gründer.
Nach 250 Jahren trafen sich in Hamburg am gleichen Tage des Jahres 1987 über 3000 Gäste aus Europa und Übersee, um die Gründung zu feiern.

AOK Wittenberg um1994
aus: Archiv des HV WB

Durch die Zerstückelung Deutschlands hatten die Logen die verschiedenen Entwicklungen durchgeführt und hatten verschiedene freimaurerische Lehrarten. Doch sie alle wurden rücksichtslos aufgelöst, obgleich sie sich – wie auch die Wittenberger Loge „Zum treuen Verein“ in christliche Vereine umwandelten. Der NS- Staat plünderte die Logenhäuser.
Aus den Geräten und dem Gebrauchsgut wurden Sonderausstellungen zusammengestellt, die unter Zwang von der Bevölkerung besucht werden mußten. Damit sollte erreicht werden, daß der normale Bürger auf diesen gespenstischen Geheimbund hingewiesen wurde, den man restlos auslöschen muß.
Schließlich betrug der materielle Verlust der deutschen Freimaurerlogen
80 112 000,- Reichsmark.
Diese ungeheure Summe setzte sich aus dem Haus- und Grundvermögen der Logen, ihren Einrichtungen, Bibliotheken und Archiven zusammen sowie aus dem Vermögen aus den Bargeldern und Wertpapieren und Stiftungen.

  • Aus der Geschichte der St. Johannes- Loge
    „Zum treuen Verein“ zu Wittenberg

Unser Heimatgebiet gehörte bis 1815 zu Sachsen. Es ist betrüblich,  daß wir wenig über die Freimaurerei im Herzen Deutschlands wissen, weil gerade dieses Land und besonders seine Hauptstadt Dresden lange Zeit ein Zentrum der Freimaurerei war.

Das ziemlich verwitterte Grabmal des Geh. SR.Dr.  August Kortmann (1843-1908) auf dem WB Friedhof mit dem Freimaurerzeichen. trat 1877 der Loge „Zum treuen Verein“ bei – als 267. Mitglied
aus: Archiv des HV WB

Schon 1738 hatte Friedrich August Graf von Rutowski, ein illegitimer Sohn sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. (1694-1733) die erste Dresdener und damit die erste sächsische Loge
„Aux trois Aigles („Zu den drei Adlern“) gegründet.
In einer solchen sächsischen Loge, nämlich der Loge
„Balduin zur Linde“ in Leipzig, finden im Jahre 1805 den Wittenberger Bürgersohn Karl Gottfried Giese.
Er wurde am 4. November 1774 geboren und war verheiratet mit der am 15.September 1772 geborenen Sophie, geb. Melde.
1807 erreichten er bereits die Stufe eines Meisters. Zurück gekommen nach Wittenberg, blieb er weiter als Bruder bei der genannten Loge in Leipzig. Unter seiner Führung und seiner Tatkraft schlossen sich am 19. Oktober 1821 zu einer Vereinigung Männer zusammen, die fast alle schon als Freimaurer nach Wittenberg gekommen waren. Das wal Offiziere, Militär- und Zivilbeamte, die in der Garnisonstadt Wittenberg ihren Dienst taten und oftmals nach kurzer Zeit wieder nach auswärts versetzt wurden. Mit vielem persönlichen Eifel Mut hielt er unter diesen schwierigen Verhältnissen die Mitglieder zusammen, denn sein Bestreben war es von vornherein, diese Vereinigung zur vollkommenen Loge reifen zu lassen.
Mitten im Streben starb Carl Gottfried Giese am 27. März 1828, er war erst 54 Jahrealt. Seiner Vereinigung hatte er den Namen
„Zum treuen Verein“ gegeben.
Dieser Name wurde ihm zu Ehren dann bei der offizielle Gründung der Loge beibehalten.
Die Zeit für eine Gründung einer Loge war damals in Preußen sehr  ungünstig.
König Friedrich Wilhelm III. (1797-1840) hatte zwar wie Metternich in Österreich die Freimaurerei in Preußen verboten, doch war ihm der Bund ziemlich unheimlich, zumal einige reaktionäre Führer seiner Umgebung Haß säten. Dar Monarch sagte einmal:

„Ich kann den Freimaurerorden nicht Pile verderblich halten, solange ihm Männer wie mein Graf Henkel angehören“.

Sein Mißtrauen blieb dennoch weiterhin gegenüber den Freimaurern bestehen. Einige Worte zu diesem Grafen Henckel von Donnersmarck mögen zur Erläuterung dienen.
Der Graf hatte 1816 als weitere Entwicklung einer aus dem Befreiungskrieg stammenden Feldloge in Erfurt die Loge
„Friedrich zum eisernen Kreuz“ gegründet. Als er nach Torgau versetzt wurde, verlegte er sie 1819 in den Elbeort.
Doch diese Loge wie auch eine andere lösten sich bald auf.
Auf einem Landgut bei Düben an der Mulde lebte der Graf seit
1821, von dort gründete er eine neue Loge
„Viktor zum goldenen Hammer“ in Delitzsch.
Doch auch diese Loge und andere der Umgebung von Wittenberg hielten sich nicht lange.
Man muß es als besondere Tat ansehen, daß unter solchen mißlichen Umständen wackere Männer ausgerechnet am
31. 0ktober 1828 die Loge „Zum treuen Verein“ gründeten.
Mit dem Reformationstag wollte man einmal seine Zugehörigkeit
zu Wittenbergs Vergangenheit dokumentieren, andererseits sich Martin Luther zum Vorbild nehmen und ihm nacheifern, wenn es gilt, mit Mut und Tatkraft für Volksaufklärung und Volksbildung einzutreten.
Die 23 Stifter von 1828 waren nur 2 Wittenberger Bürger,
6 aktive Offiziere und 15 Militär- und Zivilbeamte.
Einige Männer waren bereits auswärts Freimaurer gewesen.
1831 waren es aber 18 Bürger und 15 Offiziere und Beamte.
Es fällt auf, daß von Anfang an Bürger aus Bad Schmiedeberg Mitglieder der Loge waren.
Die neue Gründung der Loge „Zum treuen Verein“ beruhte auf
die Konstitution der Großloge „Royal York zur Freundschaft“.
Da die Großlogen einen wesentlichen Einfluß auf die ihnen untergeordneten Logen hatten und haben, seien hier einige
Worte dazu gesagt.

Vereinshaus der Freimaurerloge „Zum treuen Verein“ , Berliner Straße 3, – 1927
aus: Archiv des HV WB

Die Große Loge von Preußen, genannt „Royal York zur Freundschaft“ uurde am 5. Mai 1760 in Berlin von Franzosen gegründet. Zuerst hieß sie „Aux trois Colombes“, dann „L‘ Amitibaux trois Colombes“  und als sie 1765 den Herzog Eduard August von York aufnahm, nannte sie sich
Royal York de l‘ Amitie„. Der Herzog vermittelte aus London die Ernennung zur Großloge- und Mutterloge. 1932 hatte diese Großloge 104 Logen unter sich mit 11 500 Mitgliedern.
Es war ein vergeblicher Versuch, beim NZ-Regime durchzukommen, als sie sich 1933 wandelte in
„Deutschchristlichen Orden Zur Freundschaft“.
Auch die Wittenberger Loge „Zum treuen Verein“ wollte das mit dem gleichen Namen erreichen, doch vergeblich.
Auch die Erweiterung als Ortsgruppe Wittenberg hatte keinen Erfolg. Es war auf 9 Brüder zurückzuführen, die den Ausschlag zu dieser Großloge gaben.
1833 drohte der Loge „Zum treuen Verein“ dunkles Gewölk.
Man hatte in Preußen angeblich erfahren, daß gewisse Geheimbünde dazu neigten, wieder von Preußen zu den Sachsen überzuschwenken. Schnell mußte ein Verzeichnis sämtlicher Logenmitglieder mit Namen, Stand, Alter und Geburtsort beim Landrat eingereicht werden. Dabei versicherte man einmütig,
daß man „überzeugte Anhänger und Verehrer des preußischen Königshauses“ seien. Darüber wurde an die Großloge ein ausführlicher Bericht erstattet.
Die Wittenberger Loge half den Brüdern, die als auswärtige Mitglieder geführt wurden, bei der Gründung eigener Logen,
sobald die Voraussetzungen dafür vorhanden waren.
Im Laufe der Jahre änderten sich die Tage an denen pflichtgemäß
die Mitglieder zu erscheinen hatten. Auch die Schwestern,
d.h. die Frauen der Logenmitglieder, wollten nicht abseits stehen.
Es fanden zwanglose Zusammankünfte von ihnen statt, doch es ging nicht so recht voran. Nur am Johannistag war im Logengebäude und im Garten reges Treiben, gemeinsam mit den Brüdern und Schwestern sowie den Kindern.
Erst 1922 schufen sich die Schwestern eine straffe Führung und hatten ihren eigenen Vorstand. Um diese Zeit gehörten etwa
50 Frauen dieser Gemeinschaft innerhalb der Wittenberger Loge an.

Schon vor dem 1. Weltkrieg, genau seit dem 28. Mai 1905,
bestand unter Aufsicht und Betreuung der Wittenberger Loge
das „Kränzchen“ das war eine Gruppe von Loganmitglieder in
Bad Schmiedeberg. Sie hatten das Kränzchen den Namen
„Zur Schmiede am Berge“ gegeben.
Sie nahmen eine Sonderstellung in der Logenorganisation hier
ein und wußten genau, daß keine Voraussetzungen zur Gründung einer eigenen Loge vorhanden waren, da kaum die nötige Anzahl der Brüder erreicht werden kann.
Ihre Aufgabe bestand in erster Linie neben den eigenen Zusammenkünften die Verbindung zu den Freimaurern aufrecht zuerhalten und zu suchen, auch die dort als Badegäste erscheinen. 1928 war ihr Vorsitzender der Bruder Bohne, die Gruppe hatte als festen Bestand etwa 8 Brüder.
Aus vaterländischer Gesinnung heraus hatte die Loge sich der Militärverwaltung in Wittenberg gegenüber bereits vor dem
l. Weltkrieg verpflichtet, sämtliche Räume der unteren Etage im Kriegsfalle zur Verfügung zu stellen.
Als dann die ersten 45 Verwundeten und Kranken eintrafen, wurde auch die Küche hinzugenommen, die sich im Kellergeschoß befand. Während die Freimaurer den teuren Flügel vorher sicherstellten, Übergaben sie aber dem Hilfslazarett ein Klavier, das auch fleißig benutzt wurde. Im Überschwang hatte die Loge vor dem Kriege alles kostenlos angeboten, durch die Länge des l. Weltkrieges erwies sich das als großer Fehler. Alle Mietforderungen wurden abgelehnt, bis endlich 1917 eine bestimmte Summe gezahlt wurde. Für außergewöhnliche Beschädigungen bekam die Loge 8.8oo Mark, während die anschließende Renovierung 29.000 Mark kostete.
Im Jahre 1927 kam es zur baulichen Erweiterung des „Tempels“, hierzu brachten die Freimaurer 20 000 Mark auf.
Eine im Jahre 1928 zusammengestellte Liste weist die Namen und das Eintrittsjahr der Logenbrüder „Zum treuen Verein“ nach, alle haben eine betreffend laufende Nummer erhalten, sie umfaßt von 1828 bis 1928 insgesamt 542 Personen.

  • Die Heime der Loge „Zum treuen Verein“
    – Scharrenstraße 5

Wittenberg hatte als starke Festungsstadt an der mittleren Elbe
die Erstürmung durch die Preußen im Jahre 1814 erlebt.
Zu den noch wüst liegenden Häusern aus der Beschießung von 1760  kamen nun neue Grundstücke hinzu, die einfach nicht mehr bewohnt werden konnten oder ganz vernichtet waren.
Besonders stark war die Mauer- und die Juristenstraße davon betroffen, doch einige Häuser in der dunklen Scharrenstraße blieben unversehrt. Ein Grundstück aus dieser Reihe war das Haus, das heute die Bezeichnung Scharrenstraße 5 hat. Es war ein Mietshaus, bestehend aus dem Erd- und Obergeschoß. Im Erdgeschoß befand sich eine Wohnung, die Loge mietete alle weiteren Räume im Haus. Der Wohnungsbesitzer war selbst Mitglied der Loge, so daß man ohne Bedenken am 31. Oktober 1828 hier einzog oder, wie die Freimaurer sagen, wurde am genannten Tag „das Licht eingebracht“.
Dieser Reformationstag des Jahres 1828 war dann auch der Gründungstag der St. Johannisloge „Zum treuen Verein“.
Der Mieter und Freimaurer wurde 1830 versetzt und so bot sich Gelegenheit, daß die Loge das ganze Haus für sich in Anspruch nehmen konnte. Sie zahlte an den nicht im Hause wohnenden Wirt eine jährliche Miete von 140 Talern.
Hier spielte sich nun das Gemeinschaftsleben in den verschiedenen Gruppen ab. Auch kamen zu den Brüdern die Logenschwestern hinzu, wenn ein Schwesternmahl abgehalten wurde, alles geschah in maurerischer Geselligkeit. Natürlich wollte die Loge auch den Grundbesitz als Eigentum haben, doch alle Verhandlungen mit dem Besitzer des Hauses schlugen fehl.
Endlich im August 1844 kam der Kauf zustande.
Für 3500 Taler erwarb die Loge das Haus, davon wurden 1000 Taler durch Anteile der Freimaurer aufgebracht und bar an den früheren Besitzer sofort bezahlt. Einige bauliche Veränderungen wurden nun vorgenommen, doch viel konnte man aus dem alten Haus nicht machen, auch war die enge Gasse nicht geeignet, großen Gedanken nachzugehen, alles war niederdrückend und muffig. Man wünschte sich größeres, würdiges Logenhaus.

– Berliner Straße 3

AOK Wittenberg – 2020
aus: Archiv des HV WB

Ein wichtiges Ereignis war die Kabinettsorder des
Kaisers Wilhelm I. vom Jahre 1873. Durch diesen Befehl wurden die Festungsbestimmungen aufgehoben und unter den letzten
11 deutschen Festungen war auch Wittenberg. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurden die Wälle abgetragen oder zu Parkanlagen verwandelt. Das äußere Glacis wurde zur Bebauung freigegeben. Einflußreiche Logenbrüder saßen im Stadtrat und nutzten die Gelegenheit aus, unter günstigen Bedingungen Baugelände längs der Berliner Straße zu erwerben.
Das Grundstück wurde eingezäunt und ein Garten mit einem kleinen Gartenhäuschen errichtet. Hier fanden schon während der Sommertage gesellige Zusammenkünfte statt.
Doch alles zielte darauf hin, bald einen Neubau dort zu schaffen.
Da war es vor allem der Logenbruder und Meister vom Stuhl,
Dr. Schild der tatkräftig alles in die Wege leitete und vorantrieb.
Der Architekt und Ehrenmeister Emil Bethke reichte zuerst eine Zeichnung bei dem Rat der Stadt Wittenberg ein, aus der die Einfriedigung des Grundstücks mit Haupteingang, Gartenmauer und schmiedeeisernem Haupttor ersichtlich war. Unterm 2.Mai 1889 wurde von ihm dann eine ausführliche Bauzeichnung vorgelegt und damit um die Genehmigung zur Erbauung des großen Logenhauses gebeten. Schon damals wurden die roten Verblender erwähnt, die heute noch dem Haus den gefälligen Eindruck vermitteln.
Im gleichen Jahr verkaufte die Loga das alte Hausgrundstück in der Scharrenstraße 5 für 24 000 Mark an den Gastwirt Hanisch.
Er nannte nun den Gasthof „Zur alten Loge“. Diese Gaststätte besteht heute nicht mehr, denn später kaufte die Kreissparkasse Wittenberg das Grundstück und hatte dadurch freien Durchgang vom Markt bis zur Scharrenstraße. Doch das noch stehende Gebäude erinnert an die alte Lage „Zum treuen Verein“.
Im Sommer 1890 war der Neubau an der Berliner Straße fertig.
Am 22. August 1890 traf der Prinz von Schönaich-Carolath
in Wittenberg ein und wohnte im Hotel „Kaiserhof“,
Collegienstraße 56.

Am 24. August 1890 begab er sich nach dem neuen Logengebäude in der Berliner Straße um es einzuweihen, d.h. in der Freimaurersprache, daß er „das Licht einbrachte“.
Der Prinz war Großmeister der Loge „Royal York“, zu dieser Großloge gehörte die Wittenberger Loge „Zum treuen Verein“.
Zu dieser Feier waren auch Mitglieder der anderen Logen um Wittenberg erschienen. In langer Reihe fuhren die Kutschen mit den Gästen vom Bahnhof nach der Berliner Straße. Dort begannen die Feierlichkeiten „als die Sonne am Höchsten stand“, also um 12.00 Uhr und dauerten bis 19.00 Uhr. Die eigentliche Feier durfte von Außenstehenden nicht beigewohnt werden, deshalb begnügte man sich in einem Bericht damit, daß das Logengebäude nicht nur ein Schmuck für die Berliner Straße sei, sondern für die ganze Stadt. Dennoch konnte man einen kurzen Blick nach den Feierlichkeiten in die leeren Räume werfen. Man erfuhr, daß im Speisesaal drei Büsten der deutschen Kaiser aufgestellt sind
Kaiser Wilhelm I.
Kaiser Friedrich III.
Kaiser Wilhelm II.
Hinter dem Speisesaal befand sich der große Festsaal mit den Büsten „der Besten des deutschen Volkes“:
– Friedrich der Große,
– Alexander von Humboldt,
– Lessing,
– Goethe,
– Wieland,
– Mozart,
– Fichte,
– Herder.
Sie waren allesamt Freimaurer gewesen.
Im oberen „Arbeitssaal“ befand sich ein großes Fenster mit Glasmalerei. Man sah Blumen, Arabesken und das Bildnis von
Kaiser Wilhelm I. und von Kaiser Friedrich.
Hervorzuheben war das Bild des Schutzpatrons der Wittenberger Loge: Johannis der Täufer, umgeben von einer Glorie über der Eingangstür. Daneben standen die Worte von Lessing:
„Freudig trete herein und froh entferne dich wieder;
gehst du als Wanderer vorbei, segne Gott deinen Pfad“.

Wie waren damals die Räume der Loge in Benutzung?

  • Kellergeschoß
    Wein, Bier- und Gemüsakeller, Waschküche
  • Erdgeschoß
    Von der Ostseite her betrachtet:
    Flur, links / Spielzimmer, Anrichte, daran Büffet, daran Gesellschaftszimmer, daran Speisesaal, alles nach Süden hin gelegen in einer Länge von
    15,8 m und einer Breite von 7,25 m.
    Flur, rechts / Herrengarderobe, Toiletten, daran Damangarderobe, daran Billardzimmer, daran großer Festsaal, alles nach Norden hin gelegen in einer Länge von 15,8 m und einer Breite von l0 m.
    Unmittelbar am Festsaal war ein sechseckiger Raum von
    6 m Breite. Diese Raumbezeichnungen sagen nichts über die wirkliche Benutzung der Loge hinsichtlich der Rituale aus,
    was besonders für den Speise- und Festsaal gilt sowie für
    den angrenzenden sechseckigen Raum nach West,
    der anscheinend das „Heiligtum“ war.
  • Obergeschoß
    Zimmer und Kammern
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1901 und 1903 wurde die Einfriedigung an der Straße neu in einfacher Form gestaltet.

  • Wie sahen die Räume als Verwaltungsstellen aus?

Nach dem zwangsweise durchgeführten Vertragsabschluß
(Enteignung) kam es zu einem großen Umbau besonders im Erdgeschoß.
Damals befand sich die Allgemeine Ortskrankenkasse I im Jahre 1935 in Besitz des Grundstücks. Im Juni 1935 wurde der große Abfertigungsraum von l0 m Länge und 9,62 m Breite eingerichtet, den man von der Hauptreppe aus betrat.
Für die Krankenkassenmitglieder war genügend Platz geschaffen, wenn sie bedient wurden. Der mehrfach genannte sechseckige Raum nach West war für die Aktenablage.
Im Obergeschoß des ehemaligen Logengebäudes befand sich um diese Zeit die Dienstwohnung des Krankenkassenleiters Töpke.
Er hatte folgende Räume in Benutzung:
Fremdanzimmer, Wohnzimmer, Eßzimmer, Küche, Speisekammer, zwei Flure, Diele, Schlafzimmer, zwei Kinderzimmer, Bad, Besenkammer.
Es war eine Wohnfläche von zusammen 206,01 m².
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Zu den Baulichkeiten sei abschließend vermerkt, daß am
l0. Oktober 1948 die Toranlage mit den zwei Pfeilern
instandgesetzt wurde.
Träger war damals die Sozialversicherungskasse Wittenberg.
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  • Die Kastellane und Hausmeister in den beiden Logenbesitzungen

Zu jeder Loge gehörte natürlich jemand, der für das leibliche Wohl der Freimaurer zuständig war. In der Regel nahm man dazu jemanden aus dem Gastwirtsgewerbe oder aus anderen dienenden Berufen. Dabei konnte es nicht ausbleiben, daß dieser auch während der Sitzungen anwesend war und dadurch Einblick in das Wesen und Treiben der Loge nahm. Damit wäre die Geheimhaltung der Sitzungen unterbrochen gewesen, deshalb nahm man den Kastellan mit in die Gemeinschaft auf und damit wurde auch er Geheimnisträger.

In der alten Loge in der Scharrenstraße 5 war Albin Müller als Kastellan tätig. Als nun das neue Gebäude in der Berliner Straße 3 fertiggestellt war, zog er in gleicher Eigenschaft mit hin und nahm dort vermutlich mit seiner Mutter, der Witwe Müller, ständig seinen Wohnsitz. 1907 muß die Witwe Müller inzwischen verstorben sein, denn nur er wird als Kastellen und Mieter im Logengebäude genannt. 1914 erhielt Müller einen Telefonanschluß, außerdem bestand ein solcher für die Logenbrüder gesondert. Im Jahre 1925 war Albin Müller immer noch Kastellan, doch ihm zur Seite stand außerdem für den Gastwirtschaftsbetrieb Bruno Schwind. Schwind war gelernter Schlosser, so daß er auch manche der notwendigen handwerklichen Arbeiten selbst ausführen konnte, zumal ja Albin Müller inzwischen älter und hinfälliger geworden war. Das wird dadurch bestätigt, daß Müller zwei Jahre später nicht erwähnt wird und nun Schwind allein im Logengebäude wohnte.

Nach dem Machtantritt des Nationalsozialismus (1933) kam es im Jahre 1934 zur Umbenennung der Loge „Zum treuen Verein“ als „Deutsch-Christlicher Orden zur Freundschaft zum treuen Verein, Ortsgruppe Wittenberg“. Bruno Schwind blieb dort wohnen und wurde als Schlosser und Hausverwalter geführt. Im weiteren Verlauf kam es zur Auflösung der Loge und des „gleichgeschalteten“ Ordens. Durch einen unter Druck der neuen Machthaber zustande gekommenen Vertrag ging das ganze Besitztum der ehemaligen Loge in Eigentum des Staates über, Damit verlor Schwind seine Kastellanstelle und wurde Inhaber der Gastwirtschaft „Hackerbräu“ in der Schloßstraße. Im Jahre 1936 wird als Hausmeister Otto Lehmann genannt, da inzwischen das gesamte Grundstück Berliner Straße 3 in den Besitz der Allgemeinen Ortskrankenkasse I Wittenberg übergegangen war. Er wohnte wieder im Hause, nunmehr war aber auch der Kassenleiter Wilhelm Balzer wie bereits sein Vorgänger in dieser gehobenen Stellung Mieter der Allgemeinen Ortskrankenkasse für den Stadt- und Landkreis Wittenberg.
Nach dem 2. Weltkrieg blieb das ehemalige Logengrundstück als Verwaltungsgebäude bestehen. 1948 war die Sozialversicherungs-Anstalt / Sozialversicherungs-Kasse/ Besitzerin. Ein Mieter wurde nicht genannt, denn der damalige Kassenleiter Paul Rudolph wohnte in Wittenberg, Lutherstraßs 47.

Heute ist Trägerin des Grundstücks Berliner Straße die Allgemeine Ortskrankenkasse Halle, Niederlassung Lutherstadt Wittenberg.

  • Abschluß

Aus der Zeit des NS-Regimes sind so gut wie keine Unterlagen vorhanden, vor allem berichteten die Tageszeitungen wenig
über die tatsächlichen Vorgänge bei der Überführung des
gesamten Eigentums der Loge „Zum treuen Verein“ und
seiner Nachfolgegruppe. Alles geschah nach außen hin als
legale Abwicklung mit Verträgen, weil man dem Ausland
gegenüber sich nicht bloßstellen wollte.
Bezeichnend für diese Zeit ist ein Bericht in der Wittenberger Tagespresse vom 8. Mai 1933 ¹). Daraus geht hervor, daß im kircheneigenen Bugenhagenhaus die Ortsgruppe Wittenberg
des Kampfbundes für deutsche Kultur gegründet wurde.
Sie sollte Einfluß nehmen auf das Theater, den Film, das Radio,
die Musik, die Erziehung, das Hochschulwesen. Wörtlich steht:
„Die Zugehörigkeit zum Kampfbund ist nicht an eine Parteizugehörigkeit gebunden, doch ist ihre Voraussetzung
arische Abstammung, nationale Weltanschauung und die Nichtzugehörigkeit zu einer Freimaurerloge.“

Des gleiche Schicksal wie es die Loge „Zum treuen Verein“ ereilte, hatten die beiden anderen hiesigen Logen. Im Restaurant von Adolf Balzer in der Lutherstraße hatte eine Loge, deren Name mir nicht bekannt ist, einen gemieteten Saal. Gesprächsweise erfuhr ich, daß jüdische Bürger zu einer Loge „Odd Fellows“ gehört haben sollen. Auch diese Logen mußten sich auflösen und verloren ihr Eigentum.
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In den ersten Monaten nach der Machtübernahme versuchte der NS-Staat sich den Logen gegenüber auf den Druck des Auslandes hin zurück zuhalten. Er gab duese Darstellung bis in die Provinzpresse bekannt („Wittenberger Zeitung“ vom 11.02.1933)
Später wurde der hier genannte „Nationale Cristliche Orden“ genau wie alle anderen Logen rücksichtslos hinweggefegt und das umfangreiche Besitztum kurzerhand vereinnahmt.
Darunter fiel auch das Vermögen der Wittenberger Loge „Zum treuen Verein“ mitsamt dem Grundstück Berliner Straße 3.

Heinrich Kühne †

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¹) Die Aufhebung der deutschen Freimaurerei

Über die Freimaurerei, die im nationalen Reich in ihrer alten Form keinen Platz mehr haben wird, wurde in Deutschland im Verlauf der letzten Jahre öffentlich und nicht öffentlich mehr als früher gesprochen, einmal im Zusammenhang mit dem erbitterten Kampf Ludendorffs gegen die Freimaurerei, der sehr oft zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führte, und zum anderen wegen der Ausschließung von Freimaurern von der Mitgliedschaft der größten deutschen Partei, der NSDAP. Diese verlangte von ihren Aufnahmekandidaten mit besonderem Nachdruck den Austritt aus den Freimaurerkörperschaften und die Fernhaltung von ihnen. Im neuen nationalen Deutschland ist die Freimaurerei der überlieferten Art nicht mehr gestattet. Eine logenartige Verbindung wird voraussichtlich in Zukunft nur noch unter dem Namen „Nationaler Christlicher Orden Friedrich der Große“ wirken können. Sie bildet die Fortsetzung des Altpreußichen Grossmeistervereins der drel altpreußischen Großlogen, die sich wesentlich von anderen, freimaurerischen Vereinigungen unterschieden.

Diese beruhen auf ungemein vielartigen, sehr verwickelten Grundlagen, die es dem Laien so überaus schwer machen, das Organisationsgewebe der maurischen Verbände zu übersehen, und auch den Mitgliedern der unteren Grade, also der großen Masse der Freimaurer, niemals klar werden. Diese Mitglieder halten sich an die einfachen Ursprungsgrundsätze der Freimaurer, die in dem weltbekannten maurischen Abzeichen sinnbildlich und auch dem einfachsten Gemüt einleuchtend dargestellt sind. Dieses allgemeine Abzeichen zeigt in einem Quadrat einen Kreis, der Zirkel und rechten Winkel umschließt. Das heißt, daß vom Freimaurer die Kunst des winkelrechten Bauens seiner eigenen Persönlichkeit verlangt wird. Die Verbrüderung mit Gleichgesinnten soll diese Ausgabe erleichtern und sichern helfen. Dagegen ist an und für sich nichts zu sagen. Wenn trotzdem die Freimaurer, deren Verbände jetzt etwas mehr als 200 Jahre bestehen, in zahlreichen Ländern mit Schwierigkeiten und Verboten zu kämpfen hatten, und zwar seit ihrer Ursprungszeit bis zum heutigenTage, dann müssen die betreffenden Staaten aus ihrer Kenntnis der maurischen Handlungen in ihnen Gefahrenquellen erblickt haben, die den Brüdern der unteren Grade nicht zum Bewußtsein gebracht wurden, well sie schwerlich staatsfeindlich eingestellt gewesen sind. Verbote der Freimaurerei sprachen in den frühesten Zeiten unter anderem Spanien, Portugal, Frankreich, Polen, Holland und Neapel aus. Vier Päpste verhängten Bannflüche über sie. In Preußen wurde ein Verbot der 1717 in London gegründeten Körperschaft nur durch die Gewinnung Friedrichs des Großen für den Eintritt vermieden. Absicht seiner Aufnahme war ganz unzweifelhaft der augenscheinliche Nachweis der Staatsungefährlichkeit der preußischen Logen. Sie und die 1770 entstandene Große Landesloge von Deutschland nahmen im Gegensatz zu den übrigen deutschen Logen und denen der ganzen Erde nur deutsche Christen auf und riegelten sich dadurch vermutlich von der internationalen Einflußnahme und der Beeinflußbarkeit ab.
Es ist überaus auffallend, daß sich das englische Ausland mit ganz besonderem Eifer, viel größerem, als die Deutsche Öffentlichkeit in dieser Frage aufbringt, der Umgestaltung der deutschen Freimaurerei widmet. Tageszeitungen jeder Richtung widmen
jetzt der Frage der deutschen Freimaurerlogen ganze Spalten
ihres für deutsche Vorgänge sonst so sparsam gehaltenen Raums. Die Deutschen werden daran erinnert, daß der „malerische und schöne Ritus der Freimaurerei sich auf alttestamentliche Quellen stützt“ und daß deren Preisgabe sie der Ablehnung durch die ganze Welt aussetzt, so daß „“Deutschland nicht mehr als Maurerland betrachtet“ werden könne.

Wir teilen diese Eigenschaft unter anderem mit Italien.
Mussolini verbot bekanntlich die Freimaurerei in seinem Lande, weil er sie als Vereinigung politischer Geheimbünde betrachtete, die er nicht dulden könne. Er schnitt damit in eine alte Streitfrage ein, die von Freimaurern selbst sehr widerspruchsvoll beantwortet wird. Und diese Widersprüche lassen sich nur so erklären, daß die Masse der Maurer eben nicht zu den tatsächlich Eingeweihten gehört.
Eine englische Zeitung ruft Hitler zu, ob er vergesse oder gar nicht wisse, daß Hamburg und Danzig einst durch die Macht der Freimaurerei“ vor dem Zugriff Napoleons gerettet worden und Deutschland erhalten geblieben seien. In Deutschland wird man darin nichts anderes erblicken können als eine Bestätigung für die geheime politische Wirksamkeit der Freimaurer, wobei es uns gar nichts ausmacht, daß sie angeblich auch einmal zugunsten Deutschlands gegen Frankreich eingesetzt worden sein soll.

Über die Macht der Freimaurerei hat man sehr wenig gesagt, wenn man hervorhebt, daß die Weltmaurerei zur Zeit etwa 30 000 Logen mit 8,5 Millionen Mitgliedern umfaßt, von denen etwa 650 in Deutschland mit etwas mehr als 100 000 Mitgliedern wirken. Es mag sein, daß sich die deutschen, ebenso wie die niederländischen, skandinavisches und schweizerischen Logen vornehmlich erzieherischen und philosophischen Aufgaben widmeten. Die romanische und namentlich die französische Freimaurerei war unbedingt kampfpolitisch und nutzte ihre Einflußmöglichkeiten selbst in Deutschland gewiß nicht für uns aus. Das gleiche gilt von der angelsächsischen Freimaurerei, in deren Versammlungsräumen sich weit mehr und Interessantes abspielte, als das nach außen zur Schau getragene Klubleben. Wir möchten annehmen, daß gerade die englische Großloge, die 1782, fast genau vor zweihundert Jahren den ersten jüdischen Bruder aufnahm, über genaueste Kenntenis bes Entstehens der Greuelhetze gegen Deutschland verfügt.

Dietrich Hauenschild

aus: Wittenberger Tagespresse vom 8. Mai 1933