70 Jahre Heimatgeschichtliches

Am 10. Februar 1910 trafen sich 52 Freunde der Wittenberger Heimatgeschichte, und es kam zur Gründung des Vereins für Heimatkunde und Heimatschutz.
Gleichzeitig begann man mit der Erfassung heimatgeschichtlicher Gegenstände. Dabei hatte der Vereinsvorsitzende,
San.-Rat Dr. Krüger, als stadtbekannter Arzt die Möglichkeit, bei seinen Patientenbesuchen mit kundigem Blick brauchbares Material an Exponaten zu erbitten.
Bereitwillig gab man ihm die heute so wertvollen Erinnerungs- und Belegstücke.
Noch im gleichen Jahr kam es zur behelfsmäßigen Aufstellung der immer noch wenigen Exponate im Rathaus, im Zimmer des ehemaligen Gerichtsdieners, das freistand, weil das heutige Kreisgericht seit 1909 einen eigenen Neubau erhalten hatte.
Das Zimmer befand sich im 2. Stock des Rathauses, hier kamen auch zunächst die 25 Urnen aus vorgeschichtlicher Zeit, der sogenannte Piesteritzer Fund, zur Aufstellung.
Am 10. 11. 1913 siedelte das kleine Museum in die Kapelle zum Heiligen Leichnam am Kirchplatz über.
Nun wurden schon einige Vitrinen angeschafft, das heißt einige wurden aus alten Schulbänken zu solchen umgebaut und mit Glasscheiben versehen. Sonst stand aber alles frei im Raum.
Bald zeigte sich, dass die Kapelle mit ihrer Feuchtigkeit nicht der geeignete Ort war, deshalb gab der Verein Bausteine (Wertscheine) zu 5,— M heraus, die von den Mitgliedern des Vereins und Wittenberger Bürgern gekauft wurden.
Krieg und Nachkriegszeit verhinderten weitere Ausbaumaßnahmen, bis dann die Kirchengemeinde den Raum benötigte, da die Stadtkirche umgebaut wurde.
So zog das Museum in das Wittenberger Schloss, wo der Rat der Stadt Wittenberg mehrere Räume im 2. Stockwerk zur Verfügung stellte.
Im September 1928 war dann die Eröffnung und man war erstaunt, wie das Museum nun ein neues Aussehen in den großen Räumen erhalten hatte.
1954 erfolgte die Umsiedlung in das Melanchthon-Haus, wo ab 1956 eine systematische Gliederung der Ausstellungsobjekte in den verschiedenen thematisch gegliederten Räumen erfolgte.
Jetzt zeigte sich, welche wertvolle Arbeit die Sammeltätigkeit früherer Jahre in sich barg.
Doch die immer stärker werdende unglückliche Paarung zwischen einer Gedenkstätte mit historischen Räumen und einem bis zur Neuzeit gehenden Heimatmuseum fand ihren Abschluss, indem das gesamte Grundstück als Melanchthon-Gedenkstätte völlig neugestaltet wurde.
Die Sammlungen des Heimatmuseums wurden zunächst magaziniert, bis dann die neuen Schauräume mit Magazin und Verwaltung im Wittenberger Schloss im September 1969 eingerichtet wurden.
Seitdem ist das jetzige Stadtgeschichtliche Museum Ziel vieler Besucher.

Heinrich Kühne †

aus: Freiheit vom 03.10.1980