Wittenberger Buchbindekunst

Um 1834 entstand in Wittenberg die älteste Buchbinderzunft
auf dem Gebiet der fünf neuen Bundesländer, bedingt durch
den hohen Bedarf an Druckerzeugnissen.
Sie wurden in etwa 30 Werkstätten der Stadt hergestellt,
die alle nach 1504 entstanden waren. Die Buchbinderzünfte
in Leipzig und Dresden bildeten sich 1574 bzw. 1564.
Die Buchbinder gehörten wie die Maler, Tonschneider, Kupferstecher, Glaser, Zinngießer zur „Freyen Kunst“,
ihre Meister waren „Freymeister“.
Die Angehörigen der „Freyen Kunst“ trugen, im Gegensatz
zu den Wittenberger Studenten, Degen.

In den Klöstern überwog noch bis nach 1400 der
Bucheinband mit schmucklosem Holzdeckel, der mit
Leder überzogen sowie mit Metallbeschlägen an den
Ecken und Kanten als Schutz vor Beschädigungen
versehen war.
Später gab es dann Lederschnittarbeiten, Goldpressungen, Arabesken, Rollwerkmotive und Malerei.
Die Hauptverzierungen in unserem Gebiet bestanden in
den mit der Buchbilderrolle eingepreßten Umrahmungen
eines Mittelfeldes des Buches auf Leder.
Die sächsischen Kurfürsten galten als die Hauptförderer
der Bindekunst  im 16. Jahrhundert.
Vor Jakob Krause am Ende des 16. Jahrhunderts in Dresden
war Johannes Cautzler in Wittenberg weit berühmt.
Er entwickelte die belehrende äußere Einbandgestaltung
von Büchern. Die Einbanddecke mit der Umrahmung eines Mittelfeldes, der Buchrücken, der gesamte Einband wurde
dazu benutzt, bildlich belehrend, entsprechend dem Inhalt
des Buches oder der Aussage des Gesamtwerkes
künstlerisch wirksam zu werden.
Johannes Cautzler trug zur Veredlung seines Handwerkes
bei. Er prägte den sogenannten „Wittenberger Stil“ im
Bucheinband. Heute ist diese Art von Bucheinband sowohl
ein künstlerisches Gestaltungsmittel als auch ein Werbemittel
mit vielen Varianten.

Dr. Wofgang Senst †

aus: Wittenberger Bürgergeschichten