Die Wittenberger Specke

Die Wittenberger Specke

von Manfred Richter
In der Mitteldeutschen Zeitung wird mitgeteilt,
dass die Handelskette Penny ihren Markt
„Penny an der Specke“ in der Friedrichstraße/Kreuzung
Triftstraße eröffnet.
Und in einer Machbarkeitsstudie Landesgartenschau
Sachsen-Anhalt 2027 wird auf Seite 10 die
„Speckebachpromenade“ vorgestellt.

Woher kommt der Name „Specke“?

Die Bezeichnung kommt in Deutschland in vielen Fluren
vor, auch als Speck, Spicke, Spick, Spieke, Spich oder Spöck.
Dieses Wort „Speck“ kommt also nicht von dem essbaren
fetten Speck her, sondern ist eine Bezeichnung für einen
aus Reisig oder Holzknüppeln gebauten Knüppeldamm,
Knüppelweg zur Überquerung eines feuchten Gebietes
oder auch für eine Knüppelbrücke zum Überqueren eines
flachen Flussbetts.
So lagen die Besitzungen einiger Bauern aus Labetz oder
Friedrichstadt in der Gemarkung „Knüppels Dorf“.
Die Bezeichnung ist seit dem späten Mittelalter in
unveränderter Form im hochdeutschen wie auch im
niederdeutschen Sprachraum bezeugt.
Sie ist abgeleitet vom Althochdeutschen 
spachspachaspaha = Rute, Holzbündel, Faschine, 
spache = dürres Holz, Reis, und dem davon hergeleiteten 
spanahispechi = Damm oder Deich aus Reisig und Erde.
In Wittenberg wurde „an der Specke“ das zwischen Labetz
und der Elstervorstadt gelegene Gebiet so genannt.
Ältere Bewohner der Elstervorstadt erinnern sich noch an das Bauerngrundstück der Familie „Specke-Pappert“.
So manche Frau aus der Elstervorstadt fand bei Papperts
Beschäftigung: zum Erdbeeren pflücken, zum Kartoffeln
ernten oder im Winter zum „Federnreißen“.
Da trafen sich Frauen aus der Nachbarschaft und dem
Bekanntenkreis. Nach dem Mittagessen ging es los.
Beim Federnreißen wurden gleich die Federn in Bettfedern
und Daunen sortiert. Zum Kaffee gab es Kuchen oder
Pfannkuchen und abends noch ein kräftiges Abendbrot.
Während der Arbeit wurden alle Ereignisse und Begebenheiten
aus der näheren und weiteren Umgebung besprochen.
War die Arbeit beendet, machte meist eine Flasche Likör
die Runde. Das Gehöft aus roten Klinkern in der Specke
Nummer 1 ist nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls
roten Klinkerbau in der Friedrichstraße Nummer 32.
Auch dieses Bauerngrundstück gehörte einer Familie
Pappert. Beide Familien sind miteinander verwandt.
Während die Besitzungen der Familie „Specke Pappert“ in
der Specke lagen, erstreckten sich die Flächen der Familie
aus der Friedrichstraße vorwiegend nördlich der Bahnlinien.
Hier gehörten den Papperts mehrere Sand- und Kiesgruben.
Nördlich der Tschaikowskistraße sind heute noch Spuren
des ehemaligen Sand- und Kiesabbaus zu finden.
Das Gebiet der Specke wird durchflossen vom Faulen Bach.
Dieser entspringt bei Euper, fließt vorbei an Abtsdorf,
der Antoniusmühle, quert in Labetz die Hüfnerstraße, dann
die Falkenberger Bahnstrecke.
Der Faule Bach biegt ungefähr in Höhe der HEM Tankstelle
nach Süden ab, fließt dann zum Teil offen neben der Triftstraße,
wendet sich südlich des Kreisels in der Dresdner Straße nach
Westen und mündet südlich der Grundstückstücke Dresdner
Straße 154 und 154a in die Elbe.
In der Nähe des Grundstücks „Specke Pappert“ fließt ein
Teil des Wassers in einem
„Verbindungsgraben Fauler Bach-Bahndamm“
entlang der Bahngleise.
Außerdem Faulen Bach und dem Verbindungsgraben entwässert
auch der Specke Bach die Specke. Zum Teil kanalisiert, quert er
die Triftstraße, die Thomä Straße und fließt dann entlang des
neuen und alten Friedhofs.
Nahe der ehemaligen Hartungsschanze, ungefähr südöstlich
der Brückenüberführung mündet er in die Elbe.
Das Gebiet ist sehr feucht und diente jahrhundertelang der
Viehdrift.
Daher kommt der Name „Kuhlache“.
Von der Luthereiche kommend, querte man die Bahnbrücke
der Bahnlinie Berlin-Leipzig und die ehemalige Schrankenanlage
der Strecke Falkenberg-Dessau. Gleich rechts der Dresdener
Straße stand ehemals das Schützenhaus.
Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Mehrere Jahre waren
die Ruinen noch sichtbar. Das Schützenhaus diente der
Wittenberger Schützengilde als Veranstaltungsort.
In Richtung Elbe dehnte sich das Gebiet der „Kuhlache“ aus.
Hier fand noch nach dem letzten Weltkrieg die „Vogelwiese“
statt. Grafiken aus dem 16. und 17. Jahrhundert zeigen Studenten
der Wittenberger Leucorea beim „Vogelschießen“.
Heute führt der Elberadweg über diese Fläche. Ostwärts befand
sich einst die Badeanstalt „Zander“. Quer zur Elbe standen die Bootsschuppen der Ruderer und Kanuten. Über eine hölzerne Außentreppe gelangte man in die Umkleidekabinen.
Parallel zur Elbe waren weitere Bootsschuppen.
Breite Holztreppen führten auf eine großflächige Holzterrasse.
Dahinter ermöglichten großflächige Fenster des Cafés den Blick
auf die Badeanstalt in der Elbe. So mancher Wittenberger erlernte
hier „an der Angel“ das Schwimmen, erwarb das
„Freischwimmer-bzw. Fahrten- Schwimmerzeugnis“ oder gar den „kleinen bzw. großen Totenkopf“.
Zum Freischwimmerzeugnis gehörte auch ein Sprung vom „Dreimeterbrett“. Für Aufsehen sorgten nicht nur die
Kunstspringer, sondern auch die Wasserballer und die
Wittenberger Schwimmer bei ihrem Training oder ihren
Wettkämpfen.
Die „Badeanstalt Zander“ mit ihren Bootsschuppen ist
Vergangenheit. Dafür gibt es heute die Sportstätten
der Wassersportgemeinschaft Wittenberg und des
Ruderclubs Wittenberg an der Dresdner Straße.

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