1941.01.20. Wittenberger Zeitung
Die neue Brikettfabrik – Gang durch das neue Industriewerk in Dobien
Wir berichteten bereits wiederholtvon der neuen im Landkreis eingerichteten Brikettfabrik, deren Aufgabe es ist, zusätzliche Kohlenmengen für die Verbraucher im Stadt und Landkreis Wittenberg und verschiedene benachbarte Kreise herzustellen.
Die Kreisverwaltung Wittenberg hatte den Plan aufgegriffen, eine solche Fabrik anzulegen, als der Reichskommissar für die Kohlenwirtschaft dies zum ersten Male anregte.
Landrat Holtz und Direktor Linnemeyer bearbeiteten mit großer Überlegung und Tatkraft das Projekt, und es gelang ihnen, durch den Abschluß weitsichtiger Verträge die neue Brikettfabrik einzurichten. Damit hat Wittenberg durch die Schaffenskraft der Kreisverwaltung ein Industriewerk erhalten, das in der gleichen Art in Großdeutschland nur noch in Dresden, Nürnberg und Wien entstanden ist.
Wir hatten in diesen Tagen Gelegenheit, zusammen mit Vertretern der Partei, des Regierungspräsidenten, der staatlichen und kommunalen Behörden die neue Anlage in Reinsdorf-Dobien in voller Tätigkeit zu besichtigen.
Auf dem Eisenbahnweg (bei entsprechendem Wetter auch auf dem Wasserweg) erhält die in der großen Ziegelei der Gebrüder Schach untergebrachte Brikettfabrik täglich 1000 Zentner böhmischen Braunkohlenstaub angeliefert.
Mit kleinen Loren wird der Kohlenstaub, der besser ist als der in der mitteldeutschen Gegend gewonnene Braunkohlenstaub, in die Fabrik befördert.
Die bessere Beschaffenheit ist darauf zurückzuführen, daß der böhmische Braunkohlenstaub beinahe dem Kohlenstaub der Steinkohle entspricht.
In der Fabrik befindet sich ein Kollergang, das heißt eine große Trommel, in der sich zwei schwere Eisenräder dauern drehen, um den Kohlenstaub zu zerkleinern, ein ähnliches Verfahren, wie es die Hausfrau bei der Benutzung eines Mörsers anwendet.
In diesem Kollergang wird Kohlenstaub Wasser und eine andere Zugabe beigefügt, daß ein dicker, zäher Brei den Gang verläßt, um in die Brikettpresse zu gelangen.
Heißluftanlagen umgeben die Presse, aus der in einem zusammenhängenden Bloch die Kohle herausquillt und durch einen Draht in die Brikettform geschnitten wird.
Es ist möglich, in der Sekunde zwei bis drei Briketts herzustellen.
Die fertigen Briketts werden mit einem Förderband auf den Trockenboden gebracht, wo sie einige Tage liegen müssen,
um den Wassergehalt, der 16 v.H. beträgt, zu verdunsten, ist die Kohle „abgewelkt“, das heißt, so weit getrocknet, daß sie an den Verbraucher geliefert werden kann, so hat das Brikett nur noch einen Wassergehalt von 12 v. H., während andere Braunkohlen einen solchen von 15. v. H. aufweisen.
In diesen Tagen hat nun bereits der Verkauf dieser Briketts begonnen, deren Preis sich auf 1,45 Reichsmark je Zentner stellt.
Der einzige Unterschied für den Laien besteht in der Form der Briketts, denn die von der durch das Kreiswirtschaftsamt gegründete GmbH hergestellten sind dicker als die gewöhnlichen Briketts, sodaß man sie gegebenenfalls bei Gebrauch einmal brechen muß.
Bisher wurden 40 Tonnen je Tag verarbeitet, doch ist eine Steigerung bis 100 Tonnen je Tag möglich.
Die GmbH nimmt an, daß sie theoretisch je Kopf der Bevölkerung des Stadt- und Landkreises einen Zentner zusätzliche punktfreie Kohle liefern kann.
Die Verteilung der Kohle soll an erster Stelle den Landwirtschafts- und Siedlungsbetrieben zugute kommen, soll aber auch dort helfen, wo Verbraucher mit ihren Punkten aus irgendwelchen Gründen nicht auskommen.
Somit verdankt es der Kreis Wittenberg der Initiative der Kreisverwaltung, daß das Kohlenproblem für uns und auch für die benachbarten Kreise überhaupt kein Problem mehr ist.